heit eine Wiese, von wo er am fernen Bergesrücken ein helles
Licht schimmern sah, dem er nun frohen Mutes mit starken Schritten
zueilte. Als er vor dem Schlosse stand, aus welchem das Licht kam,
bat er um Einlaß und ein gastlich Obdach, und er wurde darauf vor
den Schloßherrn geführt, den sein Vaterauge gleich erkannte. Auch
der verlorne Sohn erkannte sofort, freilich mit Schrecken, in dem
Weidmann seinen Vater; aber statt mit reumütigem Herzen den Tief—
gekränkten um Verzeihung zu bitten, gab er, die wohlverdiente Strafe
fürchtend, den schleunigen Befehl, ihn gefangen zu nehmen.
Entsetzt und aufgebracht über dieses unerhört ruchlose Benehmen
sprach der Vater über den ungeratenen Sohn den Fluch aus, welcher
augenblicklich in Erfüllung ging. Die Erde erbebte mit einem—
male so gewaltig, daß die Grundmauern des Schlosses erzitterten;
dasselbe zerfiel in Trümmer und begrub in seinem Schutte alle In—
sassen. Nur der Fürst und ein Diener kamen mit dem bloßen Schrecken
davon und eilten nach Konradsgrün, wo das sorgenvolle Jagdgefolge
den vermißten Herrn erwartete, den es bis spät in die Nacht im Hoch-
walde vergebens gesucht hatte. Am Grauenstein aber treiben seitdem
die bösen Geister ihren Spuk.
Eine andere Sage erzählt, daß des Grafen Schlick Urgroßmutter
zwei Söhne hatte, die sich allen Lastern ergaben. Sie lästerten Gott,
raubten, plünderten und mordeten. Bald aber erkannten sie ihre
tiefe Verworfenheit und beschlossen, sich in die Einsamkeit zurückzuziehen
und ein bußfertiges, Gott wohlgefälliges Leben zu führen. Zu ihrem
bleibenden Aufenthalte wollten sie sich ein Schloß erbauen lassen und
fanden zu dessen Anlegung den dazumal im tiefsten Waldesdunkel ge—
legenen Grauenstein besonders geeignet. Alsogleich übertrugen sie den
Bau des Schlosses, dessen Steine durchweg von grauer Farbe sein
sollten, zweien Maurern. Nachdem diese das Schloß vollendet hatten,
erhielten sie aber den verheißenen Lohn nicht; deshalb riefen sie auf
dasselbe den Fluch des Himmels herab. Und dieser Fluch der Maurer
erfüllte sich schnell. Ein furchtbares Gewitter, das plötzlich übers
Gebirge dahergezogen kam, entlud sich; ein Blitzstrahl traf das
Schloß, zündete — und verwandelte es in einen Schutthaufen.
Nach einer anderen Sage wohnte im Grauensteiner Schlosse ein
Vater, der seiner Tochter einen Bräutigam aufdringen wollte, den sie
nicht mochte. Um sich zu retten, trieb die Tochter dem Vater während
des Schlafes einen Nagel durch den Kopf. In den letzten Atemzügen
verwünschte der Vater das Schloß samt den Inwohnern.
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