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welcher mich zu Dir gesandt hat, Dir zu dienen, hat mich auch rus
befähigt, Dir also thun zu können, wie ich that; sein Auge ruhte schon
lange auf Deinem Haupte, Dir zum Schutze. Durch mich läßt Dir der
Herr verkünden, wie wohl es ihm gefalle, wenn Herrscher gegen ihre
Untergebenen Milde und Geduld üben! Diese hast Du mir erwiesen
und auch den andern Knechten. Der Herr wird Dir dafür lohnen,
wenn Du die Menschen stets wie Deine Brüder liebst!“ Darauf ver-
schwand der Engel wie das Rot eines Sommermorgens, den Ritter
aber durchwehte Gottesfrieden, und es zog ihn in die Burgkapelle, wo
er Gott für seine unendliche Gnade dankte. Er gelobte, seinen Unter-
gebenen stets ein Vater sein zu wollen und bis an sein Lebensende hat
er dieses Gelöbnis treu gehalten.
467. Warum die Eisenberger Kapelle nicht vollendet wurde.
(Lotti Cori in den Mitteilungen des Nordböhm. Excursions-Clubs,
1885, S. 126.) ·
Seitwärts vom Eisenberger Forsthause befindet sich auf einer
malerisch schön gelegenen Waldlichtung eine niemals vollendet gewesene
und teilweise wieder verfallene Kapelle in romanischem Stil. Behauene
Steine und Säulen liegen rings umher, von Gesträuch und Epheu
überwuchert, die Stufen sind mit Moos überkleidet, und im Innern
der Kapelle grünt und blüht es. Die Vögel üben hier nun ungestört
ihre Baukunst, denn die Gebirgsbewohner meiden voll Scheu jenen
Unglücksort. Die Sage giebt nämlich die Kunde, daß ein Graf Lob—
kowitz, als das Geschlecht noch nicht gefürstet war, hier einst eine Ka—
pelle für den heiligen Dorn erbauen wollte, um einen Wallfahrtsort zu
gründen; doch der edle Graf fand beim Bau, den er oft besichtigte,
durch einen herabstürzenden Stein den Tod. Ein Nachkomme, ein Fürst
Lobkowitz, wollte später das begonnene Werk vollenden, doch ihn er—
schlug eine riesige Eiche, die man zum Bau fällte. Dieses abermalige
Unglück wurde als Fingerzeig Gottes aufgefaßt, daß der heilige Dorn
in der Schloßkapelle verbleiben solle, und die Kapelle, deren Kuppel
sich schon zu wölben begann, blieb unvollendet. Aus jener Eiche
wurde ein großes Crucifix geschnitzt, das man an der Unglücksstelle
mit einer kleinen Kapelle überbaute. Jetzt aber ist dieses Kreuz, wel—
ches einen nicht unbedeutenden Kunstwert besitzen soll, in der renovierten
Schloßkapelle aufgestellt.
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