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491. Die Siebenschläfer.
(Grohmann, Sagen aus Böhmen, 1863. S. 23.)
Im Schloßberge von Teplitz sollen einige Ritter schon 700 Jahre
lang schlafen und heißen daher die Siebenschläfer. Wenn es einmal
den Deutschen schlecht gehen wird, werden die Ritter hervorkommen
und ihnen helfen. Das Bächlein am Fuße des Berges ist oft gelb
gefärbt von dem Urin der Pferde, die im Innern des Berges stehen,
und auf dem Berge liegen Steine, in denen die Hufe dieser Pferde
abgedrückt sind. Früher soll den Schloßberg eine Mauer umgeben
haben; es ist aber davon nichts mehr übrig, als das Thor, durch
welches die Ritter aus= und einritten. Bei diesem Thore soll in der
Nacht von 12—1 Uhr ein großer, starker Mann ohne Kopf umgehen.
Wenn statt des befruchtenden Regens, welchen der milde, segnende Gott Wnotan
mit seinen himmlischen Helden zur Erde niedersendete, in den kalten Wintertagen
Schnee niederfiel und Eis die Erde bedeckte, da glaubte man, daß die Winterdämonen
zur Herrschaft gelangt seien. Wuotan hatte sich mit seinem Gefolge in den Wolken-
berg, nach späteren Anschauungen in das Innere eines wirklichen Berges zurückge-
zogen, um hier zu schlafen oder verzaubert auf die Wiederkehr des Frühlings zu warten.
Später wurde Wuotan zu einem der Lieblingshelden unseres Volks, der in einem
Berge schlafend auf die Wiedergeburt des deutschen Reiches harrt. So schläft nach
der Sage Karl der Große in dem Desenberge bei Warburg, Kaiser Heinrich der
Vogelsteller im Sudemerberge bei Goslar und Friedrich Barbarossa im Kyffhäuser. Bei
den Slaven ist es Swantewit, welcher mit seinen himmlischeu Kriegern die Stelle
des germanischen Wuotan einnimmt, und auf ihn ist die Sage der Böhmen vom
Könige Wenzel und seinen Kriegern im Berge Blanick zurückzuführen. — Die Sage
von den Siebenschläfern im Schloßberge zu Teplitz erzählt zwar nichts von einem
bestimmten Helden, der an die Stelle Wuotans getreten ist, doch trägt sie ganz das
Gepräge der obengenannten Überlieferungen. Die im Berge schlafenden Ritter, welche
den Deutschen in der Not helfen werden, sind das Gefolge Wuotans, auf welchen
vielleicht die Abdrücke der Hufe in den Steinen und die gespenstische Erscheinung
eines großen Mannes ohne Kopf hindeuten. Hufeisen, später dem Teufel zugeschrieben,
weisen ursprünglich auf Odhins weißes Roß Sleipnir hin. Als der Gott einst im
wilden Ritte dahin sauste, flog von diesem Rosse eins der Eisen ab und blieb an
einem Felsen bei Wexi5 hängen. Der Mann ohne Kopf erinnert an den wilden
Jäger, welcher in den Sagen an Wuotans Stelle getreten ist. (Mannhardt a. a. O.
S. 135.)
492. Die Türkenheide.
(Grohmann, Sagen aus Böhmen, 1863. S. 23.)
In der Nähe des Dorfes Kühnheide breitet sich ein Stück
sumpfiges Land aus, welches in der Gegend unter dem Namen Tür-
kenheide bekannt ist. Dieses sumpfige Land soll seinen Namen von
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