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W. in diesem letzten Abschnitte unter dem Begriffe der Ortssagen
zusammengefaßt wurde, besteht einerseits aus bloßen chronikalischen
Mitteilungen über Orte oder über Begebenheiten, welche sich an be-
stimmte Plätze knüpfen. Diese Erzählungen, und dies gilt besonders
auch von einigen alten Gebräuchen, gehören demnach nicht dem eigent-
lichen Sagengebiete an; doch möchte ich sie nach dem Vorgange Carl
Haupts in dessen Sagenbuche der Lausitz nicht unberücksichtigt lassen,
und zwar umsomehr nicht, als sich bei manchen derselben ein schwacher
Schimmer der dichterischen Gestaltungskraft des Volkes zeigt. An-
dererseits haben einige dieser Ortssagen wieder etwas vom mythischen
Charakter an sich, so daß sie vielleicht auch in einer der vorhergehen-
den Abteilungen, besonders bei den Wundersagen, hätten untergebracht
werden können. Hierhin gehören z. B. manche der Mitteilungen über
die Gründung von Ortschaften und die Entdeckung reicher Erzgänge.
Häufig hat die dichterische Phantasie des Volkes die Namen von
Orten, Bergen und Felsen, sowie von Ortssiegeln und Wappen er-
faßt, und solche Uberlieferungen mußten deshalb in diesem Abschnitte,
ebenso wie diejenigen von den Wahrzeichen der Städte, eine Stelle
finden. Letztere können bloße Zeichen der Gewahrsame d. h. Umgrenzung
der Orte, oder Symbole der Bürgerschaft und mißverstandene Wappen
und Bilder sein; oder sie sind auch nur Andenken einer Sache, Sitte,
oder Begebenheit aus früherer Zeit. Verwandt mit solchen Wahr-
zeichen sind alle die sprichwörtlichen Redensarten und Scherze, welche
sich auf die Lage oder Eigentümlichkeit eines Ortes oder den Charakter
und die Beschäftigung seiner Bewohner beziehen; manche derselben
müssen auch auf eine bestimmte Begebenheit oder die That eines Ein-
zelnen zurückgeführt werden. Anhangsweise wurden den sprichwört-
lichen Redensarten auch eigentliche Sprichwörter (und Rätsel) beige-
fügt, insofern dieselben der Beschäftigung der Bewohner oder gewissen
Beobachtungen an denselben entsprungen sind.
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