Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

  
507. Der Fronleichnams-Stollen bei Annaberg. 
(Richter, Chronica der freyen Bergstadt St. Annaberg, 1746, S. 18.) 
Derselbe hat sich von ohngefähr einem Fischer entblößet; denn als 
dieser unter Buchholz fischte und mit dem „Stirreln“ an dem Ufer das 
Wasser trübe machen wollte, so brach ein Stück vom Ufer ein und ent- 
blößte einen reichen und nutzbaren Gang, darauf hernach viel Erz ge- 
brochen und viel Silber gewonnen worden. Solches geschah am hei- 
ligen Abende des Fronleichnams-Tages, davon der Stollen also den 
Namen bekommen hat. 
  
508. Die Entstehung von Schöneck. 
(I. Nach der poet. Bearbeit. Ziehnerts bei Gräße a. a. O., Nr. 633. 
II. Nach mündlicher Uberlieferung.) 
I. Das Städtchen Schöneck soll seinen Namen folgender Ursache 
verdanken: Einst soll der kaiserliche Landvogt Heinrich Reuß (der Reiche 
von 1140—11502) auf der Jagd von seinem Gefolge getrennt worden 
und auf ein Bärenlager gestoßen sein. Die für ihre Jungen besorgte 
Bärin sprang auf sein Roß los, dasselbe stürzte von ihrem wütenden 
Angriffe zu Boden, und es würde um den Landvogt geschehen gewesen 
sein, da sein Schwert beim Sturze zerbrach, wäre nicht ein junger 
Köhler auf sein Hülferufen herbeigeeilt und hätte das wütende Tier von 
hinten mit seinem Schürbaum erschlagen. Der Vogt erlaubte nun 
seinem Retter sich eine Gnade auszubitten, und derselbe gestand ihm, er 
habe eine Geliebte, die er aber nicht heiraten könne, weil er zu arm 
sei; er bitte nur um einen Platz, wo er sich ein Häuschen bauen könne, 
und um Holz dazu. Da lachte der Reuß und sagte ihm, er möge in 
seinem Lande sich aussuchen, welchen Platz er wolle, wo er sich ein 
Haus bauen möge, Holz möge er aus dem nächsten Walde nehmen und 
Steine brechen, so viele er brauche, und so ihn jemand nach seinem 
Rechte fragen werde, dem solle er diesen seinen Ring und sein zerbroche- 
nes Schwert, welches er ihm einhändigte, vorzeigen. Darauf zog der 
Köhler lange mit seinem Liebchen im Vogtlande herum und nirgends 
wollte denselben ein Ort passend erscheinen; endlich kamen sie auf einen 
hohen Berg voll Wald und üppigem Graswuchs, da rief sie: „Das ist 
ein gar schön Eckchen, da kann man weit ausschauen, da wollen wir 
bauen!“ Und so geschah es auch; der Köhler baute sich ein Häuschen 
und brannte einen Meiler an, und nach und nach zogen auch andere 
Leute dahin und bauten sich um das Häuschen herum an, und so ent- 
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