Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

durch den Schein der Sonne sowohl wie des Mondes einen *i 
Glanz verbreitet haben, daß die Ritter der Festen Geiersburg und 
Lauenstein, welche in jener Zeit diese Gegend allein beherrschten, bei 
ihrem gegenseitigen Verkehre, welcher meistens auf der Strecke zwischen 
dem jetzt dort befindlichen sogenannten „Goldammer= und „Schänker- 
kreuz“ nächst dem Kesselgrund stattfand, diesem Berge mit seinem Zinn- 
graupenturme auswichen, weil dieselben den weithinsichtbaren Schein 
als einen Spuk ansahen, daher der Berg „Spukberg“ oder „Muckberg“, 
woraus später „Mückenberg“ ward, genannt wurde. — Auf derselben 
Stelle am Mückenberg, wo gegenwärtig das St. Wolfgangs-Kirchlein 
steht, hatte um jene Zeit ein Einsiedler, mit Namen Wolfgang, seine 
Klause aufgeschlagen, und bei einem Fehdezug der alten Ritter hatten 
sich in einer sehr finsteren und furchtbar stürmischen Nacht zwei Knappen 
in der Richtung von der Geiersburg bis zu der Klause verirrt und 
waren ob des schlechten Wetters, der dabei ausgestandenen Lebens- 
gefahr und des immerwährenden Spukes so erzürnt, daß sie den 
alten Einsiedler verdächtigten und ihm als alleinigen Bewohner des 
Berges alles Unangenehme und Überstandene sowie auch den Spuk 
zur Last legten. Sie erfaßten endlich den ehrwürdigen Greis, banden 
ihn und drohten mit Todesqualen, wenn er nicht ein aufrichtiges und 
reumütiges Geständnis über den teuflischen Spuk und das höllische 
Wetter, woran er nur allein Schuld sein könne, ablege. Der fromme 
Einsiedler siel vor Schreck auf die Knie und bat bei Gott und allen 
Heiligen, man möchte ihm nur bis Tagesanbruch Lebensfrist gewähren, 
dann würden ihre Herren Ritter die reichsten Menschen auf Erden sein. 
Als dies die Knappen hörten, versprachen sie die Bitte zu gewähren. 
Da nun der Tag graute, war in der Natur Stille eingetreten, kein 
Lüftchen regte sich, die Lerchen erhoben sich zum Gesange und der 
alte Einsiedler Wolfgang führte die beiden Knappen den Hügel empor, 
wo jetzt die Restauration Mückenturm steht, zeigte mit seiner Rechten 
gegen Osten und siehe da — majestätisch ging die Sonne auf, sodaß 
die Knappen wie versteinert dastanden. Sodann sprach der Einsiedler 
mit feierlicher Stimme: „Sehet ihr Rittersknappen! Derjenige Gott, 
der jetzt die Sonne aufgehen läßt, welche ihre wunderbaren Strahlen 
auf diesen Zinnturm wirft und immer den Glanz und Schein verbreitet, 
vor dem ihr euch fürchtet, der läßt auch finstere Nächte, große 
Stürme und Regen werden; darum gehet hin zu euren Rittern und 
verkündet ihnen, daß dies kein Spuk, sondern ein mir bekanntes, ge- 
winnreiches Erz ist und daß ich die nächtigen Unbillen von euch 
unschuldig ertragen mußte, euch aber doch verziehen sei!“ Hierauf 
verließen die beiden Knappen erstaunt und vergnügt über die 
  
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