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692. Die Domkanzel in Freiberg.
(Ziehnert, Sachsens Volkssagen. Anhang, No. 134.)
Die Sage erzählt, daß in dem Dome in Freiberg ein Meister
und sein Geselle jeder eine Kanzel gebaut habe, die des Gesellen aber
besser geraten sei. Darüber sei der Meister so zornig geworden, daß
er den Gesellen erschlagen habe. Noch jetzt kann kein Geistlicher auf
des Gesellen Kanzel wegen jener Greuelthat predigen.
693. Der Donatsturm zu Freiberg.
(Curiosa Sax., 1736, S. 171. Darnach Gräße, Sagenschatz, No. 286.
Gießler, Sächs. Volkssagen, Stolpen o. J., S. 275.) «
fzwAuFdemsogenanntenDonatsthoreinFreibergbefindetsichein
runder und sehr starker Turm, dessen Mauern 9 Ellen dick sind und
den angeblich die Bergleute, so jeder nur einen Pfennig von seinem
Solde abgegeben, haben erbauen lassen. Wenn man um die Stadt
Freiberg herumgeht, so sieht man, wenn man vom Erbischen Thore
nach dem Donatthor zugeht, einen kleinen viereckigen Wachtturm, hinter
den sich, sobald man demselben gleichsteht, der große Donatturm ver—
kriecht, also daß man an solchem nichts mehr als den Knopf von der
oben darauf stehenden Fahne sehen kann, trotzdem daß der große Turm
mehr als einmal so hoch ist, als der nächst vorstehende Wachtturm.
694. Der Marterturm auf Hassenstein.
(Fr. Bernau in der Comotovia, 5. Jahrg., S. 85.)
Auf der Nordseite der Burg Hassenstein steht, einige hundert
Schritte von dieser malerischen Ruine entfernt, im dichten Walde ein
hoher, geräumiger Turm, von dem umwohnenden Landvolke insgemein
der „Marterturm“ genannt. Der Sage nach wurde dieser Turm von
einem der ersten Hassensteiner Burgherren für gefallene Mädchen und
ihre Verführer gebaut. Doch es geschah, daß die Tochter des sitten-
strengen Besitzers die erste schuldige war, und deshalb in den Grund
des Turmes eingemauert, ihr Verführer aber vor dem Turme ent-
hauptet wurde.
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