Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

wegen, welches das Bild oft machte, die Dienstboten des Hauses so 
gefürchtet, daß es erst ohnlängst verblendet werden mußte. 
  
700. Der Frau-Mutterstuhl zu Oberforchheim. 
(Gräße, Sagenschatz des K. Sachsen, 495.) 
Auf dem alten Schlosse Oberforchheim am Haselbache, an der 
Straße von Freiberg nach Annaberg, stand bis in die Mitte des vorigen 
Jahrhunderts auf dem Oberboden in einer Kammer ein alter Groß- 
vaterstuhl, den hieß man der Frau Mutter Stuhl und auf diesem lag 
eine hölzerne Statue, die aber sehr stark vergoldet war, und ein kleines 
Männchen vorstellte. Diese zwei Gegenstände kannte jedermann im 
Schlosse und im Dorfe, und alle hatten eine gewisse heilige Schen 
vor denselben, denn man sagte, sie seien die Palladien des Rittergutes, 
und wenn jemand den Stuhl von seiner Stelle rücke oder das Männ- 
chen angreife und in eine andere Lage bringen wolle, der werde dafür 
schwer von demselben gezüchtigt. Da diente um diese Zeit auf dem 
Hofe ein Knecht, der sich vor dem Teufel nicht fürchtete und einst in 
seiner Vermessenheit sich gegen seine Mitdiener rühmte, er wolle doch 
sehen, ob ihm etwas geschehen werde, wenn er sich an dem Stuhle 
vergreife. Darauf ging er also hinauf, schob den Stuhl weg und 
gab dem alten Männchen einen Backenstreich; allein die Strafe blieb 
nicht aus, denn noch in derselben Nacht legte sich dasselbe im Bette 
auf ihn als schwerer Alp und drückte ihn bis es Tag wurde, in der 
nächsten litt es ihn ebenso wenig und in der dritten warf es ihn gar 
aus dem Bette heraus. Nun ward er zwar ängstlich, rückte auch den 
Stuhl wieder an seinen alten Platz, allein der Geist war auf immer 
seiner alten Wohnung abhold, denn er zog auf und davon. In den 
darauf folgenden Tagen brannte das ganze Rittergut ab, und so viel 
man sich auch Mühe gab, den Stuhl und das Männchen zu retten, 
das einstürzende Dach begrub beide unter seinen Trümmern und als 
man dieselben abräumte, war nichts mehr von ihnen übrig. 
  
701. Das Schächerhäusel bei Geyer. 
(Grundig, Neue Versuche nützlicher Sammlungen 2c., 1. Band, Schnee- 
berg, 1750, S. 31.) 
An der Landstraße bei Geyer stand ehemals das sogenannte 
Schächerhäusel, welches aus einem gemauerten Schwibbogen, so mit 
  
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