Schloß zurückgetragen werden mußte. Ingrimmig gab nun der Vater
der Erziehung und dem Einflusse seines Schwagers die Schuld an dem
Unglücke, und er nahm sich vor, mit Härte einzugreifen. Sein Sohn
genaß zwar unter der sorgsamen Pflege von Mutter und Schwester
bald wieder, doch um dessen Ruhe war es für immer geschehen. Ja
alle fühlten, daß der Vater böse Gedanken sowohl gegen den Sohn
als auch Schwager im Herzen hegte und es ward von beiden die Flucht
beschlossen. Dieselbe wurde bald darauf nach dem damals unwegsamen
Erzgebirge ausgeführt, als der Vater wieder zum Kampfe gegen den
Königsberger ausgezogen war und dabei den Sohn nicht mitgenommen
hatte. Bei der Rückkehr in seine Burg kannte der Zorn des Ritters
keine Grenzen, und da er ganz richtig in Frau und Tochter Mit—
wisserinnen der Flucht seines Sohnes erblickte, so mußten dieselben
von ihm harte Mißhandlungen erdulden. Er veranstaltete zwar so-
gleich Streifzüge durch das Gebirge, doch konnte er die Flüchtigen
nicht auffinden.
Auf dem Kamme des Erzgebirges lag im dichten Walde ein
freundlicher See; die Maisonne am blauen Himmel spiegelte sich in
demselben. Aus dem Disckichte aber trat schüchtern ein Reh mit zwei
weißgefleckten Zicklein, und gegenüber brach aus dem Walde ein
weißer Hirsch, welcher sich in dem klaren Wasser des Sees wider-
spiegelte. Abseits stand eine mit grünem Rasen gedeckte Erdhütte,
aus der eine bläuliche Rauchwolke aufstieg. Diese Hütte hatten sich
die beiden Flüchtlinge erbaut. Sie traten eben zur Wanderung ge-
rüstet daraus hervor, denn sie wollten versuchen, die duldende Mutter
und Tochter heimlich von der Burg des harten Gemahls und Vaters
zu entführen und hierher in diese von dem menschlichen Verkehre ab-
geschlossene Wildnis in Sicherheit zu bringen.
Der Vater aber rüstete sich ungefähr zu derselben Zeit zu einem
neuen Fehdezuge gegen den Königsberger. Letzterer aber hatte davon
Kunde erhalten und seine Burg wohl verwahrt, während sein Sohn
mit einem Häuflein Knechte dem Feinde entgegen zog. Trotz der Vor-
kehrungen des Königsbergers schien es, als ob der Feind seine Burg
gewinnen werde; unaufhaltsam stürmte derselbe vorwärts, unbekümmert
um den Steinhagel, welcher ihn unausgesetzt empfing. Schon war er
an der Brücke, als dieselbe mit einem furchtbaren Krach zusammenbrach.
Als aber der Feind sich anschicken wollte, den Wallgraben mit Steinen
und Holz zu füllen, um so in die Burg zu gelangen, kam ein bluten-
der Bote, welcher meldete, daß die eigene Burg von des Königsbergers
Sohne eingenommen worden sei und in Flammen aufgehe. Da zogen
sich die Feinde von der bedrängten Burg zurück. Die Belagerten
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