Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

  
daselbst ein kleines silbernes Ringlein mit einem Kreuzchen und dem 
Namen Maria gefunden worden. 
736. Die Näuber auf dem Frauenstein. 
(Gießler, Sächs. Volkssagen, Stolpen o. J., S. 301.) 
Es ist geschichtlich erwiesen, daß vor der Zerstörung des Schlosses 
Frauenstein im Jahre 1438 der Ritter Dietrich von Vitzthum, welchem 
die Burg vom Grafen Heinrich von Plauen zur Bewahrung anver- 
traut worden war, mit böhmischen Raubrittern gemeinsame Sache 
machte. Um nun den durch die versteckten Nachbarburgen und die da- 
maligen dichten Waldungen um Frauenstein begünstigten Bedrückungen 
der Wegelagerer ein Ende zu machen, entsandte Kurfürst Friedrich 
der Sanftmütige Abgeordnete mit einem Herold nach dem Frauen- 
stein, um Vitzthum zu sofortiger Verweisung des böhmischen Raubge- 
sindels zu veranlassen. 
Die kurfürstlichen Gesandten kamen an dem weit im Lande be- 
rüchtigten Räuberneste an, fanden aber das äußere Burgthor ver- 
schlossen und die Zugbrücke aufgezogen. Der Herold ließ den her- 
kömmlichen Trompetenruf erschallen und verkündete darauf laut den 
Befehl des Kurfürsten: „Dietrich von Vitzthum, Du sollst gehalten 
sein, dem Durchlauchtigen Kurfürsten des heiligen römischen Reiches, 
Friedrich, Herzog zu Sachsen und Markgraf zu Meißen, zu Befehl 
zu handeln und alsobald die böhmischen und anderen Ritter von Dir 
zu thun, welche das Land berennen und die Reichsstraßen und sonstigen 
Wege unsicher machen, die Bürger berauben und brandschatzen. Also 
gebietet der Durchlauchtige Lehnsherr, Du mögest seine Abgeordneten 
mit Glimpf empfangen und in allen Stücken seinem Befehlig aus 
ihrem Munde gehorsamen, bei Acht und Aberacht, die Dich und alle, 
so zu Dir halten, Freie und Unfreie, treffen wird, wenn den Land- 
friedensbrechern noch ferner Unterstand auf dem Frauenstein gewährt 
würde. Künde Dir das zum ersten-, zum andern-, zum drittenmale, 
kraft meines Amtes, Dietrich von Vitzthum!“ 
Wieder blies der Herold in die Trompete und erwartete, 
gegen das Thor vorreitend, eine Antwort. Dieselbe kam auch als- 
bald, aber in Gestalt eines starken Armbrustpfeiles, der dicht an 
den Ohren des Herolds vorübersauste. Dazu erklang aus der Burg 
ein höhnisches Gelächter. Am Fenster des Thorwärters erschien 
der Ritter Dietrich und rief: „Was schiert mich der Markgraf von 
Meißen? Der Burggraf von Plauen ist mein Herr, dem nur 
stehe ich Rede und sonst keinem!“ Unverrichteter Sache zogen die 
  
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