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dafür angeben zu können; wahrscheinlich war in jener Zeit die neue
Kunst schon so weit vervollkommnet und erleichtert, daß sie von da
an allgemeinen Eingang fand. Dies muß der Fall gewesen sein, denn
als 1568 eine bösartige Krankheit in Annaberg herrschte, sollen allein
in dieser Stadt gegen 800 Spitzenklöpplerinnen gestorben sein.
Barbara Uttmann war die Tochter des Fundgrübners Hans
Heinrich von Elterlein und wurde im Jahre 1514 geboren. Schon
frühzeitig zeichnete sie sich durch eine seltene Geschicklichkeit in allen weib—
lichen Arbeiten und namentlich in der Verfertigung von Spitzen mit
der Nadel aus. Die Sage erzählt nun:
Ein junger Mann aus der damals berühmten Familie Uttman,
welche durch den Bergbau große Schätze erlangt hatte, sah Barbara,
verliebte sich in sie und wurde, als er ihr die Gefühle seines Herzens
entdeckte, durch das Geständnis der Gegenliebe beglückt. Die Eltern
der jungen Liebenden hatten gegen die Verbindung derselben nichts ein—
zuwenden und die Zeit der Vermählung wurde festgesetzt. Die Männer
trugen zu jener Zeit breite gestickte Hemdkragen und Barbara wünschte
ihren Bräutigam am Hochzeitsfeste mit einem selbstgefertigten Spitzen=
kragen zu überraschen. Sie sann und grübelte deshalb noch eifriger
als sonst über die neue Art der Spitzenbereitung, mit der sie sich schon
lange beschäftigt hatte; sie versuchte wohl tausenderlei, steckte Nadeln
fest, schlang um dieselben die Faden und endlich brachte sie auf diese
Weise glücklich ein Gewebe zu Stande, dem sie mit der Nadel die
letzte Vollendung gab. So soll die erste geklöppelte Spitze entstanden
sein, welche der Bräutigam der Erfinderin, Christoph Uttman, an
seinem Hochzeitstage als Halskragen trug.
Eine andere Sage erzählt, daß Barbara in der Kunst des Spitzen-
klöppelns von einer Magd unterrichtet wurde, die aus Brabant ent-
flohen war und in dem Hause des Herrn von Elterlein eine Zuflucht
gefunden hatte.
760. Christoph Schürer.
(Ziehnert, Sachsens Volkssagen, Anhang, No. 45.)
Als im 16. Jahrhundert der Bergsegen des Obererzgebirges jähr-
lich sich verminderte und überall ein Wehgeschrei über den Silber-
räuber, wie man den Kobalt nannte, sich erhob, da kam Christoph
Schürer, eines Apothekers Sohn aus Westphalen und landesflüchtig
seines evangelischen Glaubens wegen, nach Schneeberg, wo er, als ein
in der Chemie wohlerfahrener junger Mann, bald eine Anstellung bei
□ Hütten fand. Schon wenige Tage nach seiner Ankunft gewann er
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