Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

  
* * 
762. Die vierzehn Nothelfer bei Gottleuba. 
(Nach der poetischen Bearbeitung Ziehnerts in Gräße, Sagenschatz d. 
K. Sachsen, No. 242.) 
Als die Hussiten im Jahre 1429 durch das Land Meißen zogen 
und alles mit Mord und Brand verwüsteten, kamen sie auch in das 
sächsische Hochland und zwar in die Nähe des in einem der tiefsten und 
schönsten Thäler Sachsens liegenden Städtchens Gottleuba. Schon 
brachten Flüchtige aus Liebstadt die Nachricht, daß das feindliche Heer 
im Anzuge sei, und um in die benachbarten Berge zu flüchten, schien 
die Zeit zu kurz, wenn es nicht möglich werde, dasselbe eine Zeitlang 
zu beschäftigen. Da rief der Bürgermeister rasch die ratlosen Bürger 
auf dem Markte zusammen, und forderte sie auf, freiwillig zurückzu- 
bleiben und sich den Hussiten entgegen zu werfen, auf daß Greise, 
Weiber und Kinder indeß Zeit zum Entrinnen gewinnen könnten. Ob- 
wohl sich aber fast alle Männer bereit erklärten, so wählte der tapfere 
Mann doch nur dreizehn Unverheiratete aus und zog mit ihnen, nach- 
dem sie von den Ihrigen auf Nimmerwiedersehen Abschied genommen, 
den Feinden entgegen. Sie besetzten eine steile Bergspitze, bei welcher 
dieselben vorüber mußten, wenn sie zur Stadt wollten, und als ihnen 
die Hussiten einen Gesandten entgegenschickten, der sie zur Übergabe 
auffordern sollte, wiesen sie ihn mutig zurück. Nun rückten jene mit 
ihren ganzen Massen heran, um sie von ihrem Posten zu vertreiben, 
allein sie widerstanden männiglich, und erst nach Verlauf von drei 
Stunden, als keiner der Vierzehn mehr am Leben war, ward der Paß 
frei und die Feinde drangen über die Leichen der tapfern Bürger ins 
Thal herab; allein sie fanden niemanden mehr im Städtchen, denn 
jener Aufenthalt hatte alle gerettet. Die waldige Höhe aber, wo jene 
so wacker gestritten, heißt noch jetzt die vierzehn Nothelfer, obwohl 
manche diesen Namen von einer einst dort gestandenen Kapelle (die 12 
Apostel, die Jungfrau Maria, Johannes der Täufer oder Joseph führen 
in katholischen Ländern den Namen der 14 Nothelfer) herleiten wollen, 
die übrigens recht gut zum Andenken an jene Begebenheit erst erbaut 
sein könnte, um so mehr, als jene 14 hier begraben sein sollen. Eine 
andere, südlich von der Stadt gelegene Anhöhe, welche jenen Bürgern 
als Ausguck gedient haben soll, heißt von derselben Begebenheit noch 
jetzt die „schnelle Gucke“. ¼ 
Als die 14 Nothelfer galten anderwärts auch Jesus, die 12 Apostel und irgend 
ein Heiliger, welchen der Bischof bezeichnete. Diesen 14 Nothelfern war z. B. ein ur- 
altes Wallfahrtskirchlein auf der kahlen Höhe bei Reichstädt geweiht; der Heilige 
war daselbst St. Nikolaus. (Monatsbeilage zur Weißeritzzeitung, 1884, No. 5.) 
575 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.