Rainstein sein, der bei der großen Verrainung vom Jahre 1716 zwischen der kurfürst-
lichen Waldung und derjenigen der Zwitterstocksgewerkschaft zu Altenberg gesetzt wurde.
Der Stein trägt zunächst das Waldzeichen letzterer Gewerkschaft, das Iupiterzeichen
aus den Kalendern, welches einem lateinischen „2“ ähnelt, sodann die Jahreszahlen
„1716“ und „1820“, die Rainungsziffer 53, nach Süden abermals das Inpiter-
zeichen und nach Westen ein lateinisches „A“ (Altenberger Staatsforstzeichen). Eine
Innschrift führt der Brautstock nicht und doch ist derselbe schon seit Jahren unter
diesem Namen als Grenzrainungsmarke in verschiedenen Karten und Fluraufrissen
geführt worden.
Der vorigen Sage von der weißen Frau am Brautstocke liegt eine wirkliche Be-
gebenheit zu Grunde. Auf einer kleinen sumpfigen Waldwiese südlich von Peterswalde
fand zu Anfange des vorigen Jahrhunderts ein Duell auf Kugeln statt, bei welchem
der Garde-Capitän von Siemenski tödlich verwundet wurde. Seine Braut war in
einem Wagen mit einem Arzte gefolgt und als der letztere äußerte, der Verwundete
könne vielleicht noch gerettet werden, wenn es gelänge, die Kugel durch einen sach-
verständigen Beistand zu entfernen, wurde der Garde-Capitän in dem Wagen auf
einer vierstündigen Fahrt über Schönwalde und Voitsdorf bis nahe vor Altenberg
gebracht. Hier aber auf der steinigen Landstraße fühlte der Verwundete sein Ende
herannahen und begehrte, das ihn ein Geistlicher mit seiner Braut trauen sollte, um
letztere in den ungeschmälerten Besitz seiner Güter zu setzen und ihre Ehre vor der
Welt zu retten. Eilig wurde aus Altenberg der Pastor Johann George Bretschnei-
der geholt und dieser vollzog unter freiem Himmel die Trauung. Darauf starb von
Siemensky. Seine angetraute Gattin starb bei der Geburt eines Knaben, welcher
von einem Herrn von Nostitz erzogen wurde und später das Erbe seines im Duell
getöteten Vaters antrat.
Forstleute haben später durch den einfachen „Brautstock“ die Stelle bezeich-
net, wo jene tragische Begebenheit der Vermählung im Angesichte des Todes sich
ereignete.
(S. Näheres bei Gießler, Sächsische Volkssagen. Stolpen ohne Jahreszahl.
S. 607 rc.
38. Die weiße Frau auf Scharfenstein.
(Ziehnert, Sachsens Volkssagen. Anhang No. 15.)
Auf dem Schlosse Scharfenstein zwischen Zschopau und Wolken-
stein geht seit Jahrhunderten eine weiße Frau um. Des Nachts mit
dem zwölften Glockenschlage wird sie rege und wandelt, in lange, weiße,
nebeldünne Gewänder gehüllt, durch alle Gemächer des Schlosses,
bleibt bisweilen stehen und seufzt und ist überhaupt traurig. Oft hat
man gewagt, sie anzureden, aber nie hat sie Antwort gegeben, sondern
ist immer sogleich entflohen. Sie muß eine schwere Sünde be-
gangen haben; welche aber, weiß niemand.
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