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Kirche wandern und dann im Angesichte aller Kirchleute die damals
nur von innen auf sein Chor führende Thüre aufschließen. Aber ob-
schon er oft um die Erlaubnis bat, eine Thür von außen auf seine
Kosten durchbrechen zu lassen, wurde ihm dies von dem Rate doch
nicht gestattet. Da wurde er endlich still und man hielt die Angelegen-
heit für erledigt. Unter dem Vorwande, die Herren vom Rate, welche
ihm wegen seiner dringlichen Gesuche doch am Ende etwas böse gesinnt
sein könnten, wieder mit sich auszusöhnen, lud er sie alle zu sich nach
Carlsfeld zu einem dreitägigen Feste ein. Wer geladen war und kommen
konnte, fand sich ein. Man aß und trank nach Herzenslust und voller
Dank gegen den gastfreien Schnorr zog man endlich ab. Wer ihm ir-
gend einen Dienst für die Zukunft anbieten konnte, that dies; alles,
wenn es sonst nur ginge, sollte für ihn geschehen, nur freilich mit dem
Eingange, das wisse er, ging es nicht. Schnorr entschuldigte nochmals
seine Zudringlichkeit, und versöhnten Herzens gingen sie auseinander.
Da erfuhr man es am andern Tage, der Herr Wirt habe sich wäh-
rend des gegebenen Festes Maurer bestellt und diese hätten eine Thüre
in drei Tagen durchgebrochen und fertig gemacht. Was konnte man
thun? Die Thüre blieb bis auf den heutigen Tag.
779. Der erste Klöppel in Annaberg.
(Ziehnert, Sachsens Volkssagen. Anhang. No. 24.)
Als man im Jahre 1512 den Galgen vor der Stadt Annaberg
aufbaute, kam einer, namens Klingensporn, gewandert und betrachtete
den Galgen und sagte im Vorübergehen zu dem Baumeister, den die
Chronik den dicken Michel nennt, lachend: „Ei, ihr baut da eine schöne
Glocke! Nun, ich will gerne sehen, wer der erste Klöppel darin sein
wird!“ Nicht lange darauf fing man einen Dieb, und wer war's?
Klingensporn. Er ward zum Strange verurteilt und hing nach wenig
Tagen als der erste Klöppel in der großen steinernen Glocke vor der
Stadt. Seinen Tod aber haben die Alten angesehen für ein göttliches
Warnungszeichen, daß man über ernste Dinge nicht mutwillig scherzen
solle.
780. Das Geschwistergrab in der Kirche zu Annaberg.
(Ziehnert a. a. O. Anhang No. 25.)
Am 27. April 1604 brach in Annaberg eine Feuersbrunst aus,
welche, vom Sturme rasch verbreitet, die Stadt bis auf sieben Häu-
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