786. Das Mönchskalb zu Freiberg. «
(Moller, Theatr. Freibg. I. S. 213. II. S. 179. Gräße, Sagen)
schatz d. K. Sachsen, No. 279.)
Den 29. Juni 1523 ist zu Freiberg im öffentlichen Kuttelhofe
in einer geschlachteten Kuh, so einem Bauer zu Klein-Waltersdorf zu-
gehörte, das sogenannte Mönchskalb gefunden worden. Dieses Kalb
hat einen runden ungestalteten Kopf gehabt und oben darauf eine Platte
wie ein Pfaffe, samt zwei großen Warzen wie kleine Hörner; mit
dem Untermaule ist es einem Menschen, mit dem obern und der Nase
einem Kalbe gleich, sonst aber ganz glatt am Leibe gewesen, es hat
die Zunge lang aus dem Munde herausgestreckt; die Haut am Halse
und Rücken herunter hat wie eine gewundene Mönchskutte ausgesehen,
an den Seiten aber vorn und an den Beinen ist es voller Ritze und
Schnitte gewesen, als wenn die Kutte zerhauen oder zerschnitten wäre.
Solches Ungeheuer ist von Dr. M. Luther in seinen Schriften, wo es
auch abgebildet wird, neben der Beschreibung des Papstesels, den man
1496 zu Rom gefangen, gedeutet worden, Melanchthon aber meinte,
daß durch dieses Kalb die Verderbnis der lutherischen Lehre in fleisch-
liche und verderbliche Meinungen, wie sie zu selbiger Zeit im Schwunge
gewesen, angezeigt worden, inmaßen auch bald hierauf ein Schwein
zu Halle in den Osterfeiertagen ein Ferklein geworfen, welches einem
Pfaffen in Gestalt des damaligen Habits ganz ähnlich gesehen. Es
hat aber gedachtes Mönchskalb die Autorität der Geistlichen, so dem
Papste zugethan gewesen, sehr verringert, also daß auch die Bergleute
ein besonderes schimpfliches Lied davon gedichtet und dasselbe den Mön-
chen und Pfaffen zu Spott und Hohn lange Zeit allhier gesungen mit
Bezug darauf, daß der Fleischer mit Vorbedacht und Willen das Fleisch
von der Kuh, in welcher man das besagte Mönchskalb gefunden,
niemandem als den Canonicis, Mönchen und andern Geistlichen ge-
lassen und solche dasselbe unbewußt verzehrt haben.
787. Die Abschiedstanne zwischen Mitweida und Gottesgab.
(Mitgeteilt von H. Weißflog aus Raschau.)
An der Waldstraße, welche von Mitweida nach Gottesgab führt,
stand hart an der sächsischen Grenze eine starke Tanne; man sagt, daß sie-
ben Mann dieselbe kaum hätten umspannen können. Jetzt sieht man von
derselben nur einen Stumpf, da der morsche Baum ausgebrannt und da-
durch vernichtet worden ist. Diese Tanne hieß die „Abschiedstanne“, und
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