Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

  
in die Stadt eingeholt wurde, oder bei denen man den in Tannenrinde und Laub 
gehüllten Pfingstbutz zu Roß ins Dorf führte (s. Mannhardt, die Götter der 
deutsch. und nord. Völker, S. 144 rc.), mit dem Todaustreiben gleiche Vedeutung 
hatten. Wegen der in unsern Gegenden zu zeitigen Feier des Frühlingsfestes im 
März, da häufig noch Eis und Schnee die Fluren deckte, wurde dieselbe vielfach auf 
den sonnigen Mai verlegt und jetzt nun nicht mehr der Winter verjagt, sondern der 
vor der Thür harrende Frühling eingeholt und begrüßt. (S. über die Frühlingsfeier 
bei den Germanen und Slaven: Preusker, Blicke in die vaterländische Vorzeit, I. 
S. 142— 152.) 
  
800. Der Totenteich bei Tharand. 
(B. C. (Cotta), Tharand und seine Umgebungen. 1835. S. 101. 
Gräße, Sagenschatz 2c. No. 268.) 
Wenn man durch Tharand hinauf am Amthause vorbei nach dem 
Kalkofen und dann weiter im Thale fortgeht, so kommt man in den 
sogenannten Ebergrund und zur Ebermühle, bei welcher der von dem 
Mühlbache gebildete Totenteich liegt, der seinen Namen davon hat, 
daß früher bis an das Ende des vorigen Jahrhunderts die Sitte 
herrschte, wenn die Bewohner der umliegenden Dörfer den Tod aus- 
trieben, den diesen vorstellenden Strohmann hier hineinzuwerfen. Man 
behauptet, bei hellem Sonnenschein in der Tiefe noch heute das 
steinerne Bild desselben liegen zu sehen. 
  
80 1. Altes Fastnachtsspiel der Bergleute. 
(Chr. Lehmann, Histor. Schauplatz 2c. S. 757.) 
Im Erzgebirge trägt man sich mit einer alten Tradition , daß 
wilde Waldleute bisweilen an die Waldhäuser gekommen seien. Sol- 
cher wilden gebirgischen Satyren erinnerten sich vor Alters die Ein- 
wohner und Bergleute bei ihrem „Quaß“ und Fastnachtsspiel, bei 
welchem sie jährlich zwei wilde Männer verkleidet, den einen in Reisig 
und Moos, den andern in Stroh gehüllt, auf den Gassen umhergeführt, 
endlich aber auf dem Markt herumgejagt und endlich zum Schein nieder- 
geschossen und gestochen haben. Die verkleideten Personen riefen dabei 
durch ihr Taumeln und ihre seltsamen Gebärden Gelächter hervor und 
spritzten dabei aus angefüllten Blasen Blut unter die umstehenden Leute, 
ehe sie als Tode niederfielen. Dann faßten sie die Jäger, legten sie 
auf Breter und trugen sie ins Wirtshaus. Die Bergleute gingen da- 
neben her und bliesen durch ihre Pechpfeifen und Grubenleder auf, als 
—. sie ein stattliches Wildpret gefangen. Dergleichen Aufzüge hielt 
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