Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

  
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nahen Vettern übergab. Ihr Schatten zog noch lange und oft auf den 
Wege dahin, welchen das unglückliche Opfer zur Richtstätte genommen 
hatte. Viele wollte die alte Burgfrau zu den Schätzen des Schlosses 
locken, um durch diese von ihrem Schicksale erlöst zu werden, oft hatte 
sie sich den Dorfbewohnern in später Nachtstunde gezeigt, ein Becken 
mit Geld und Gold auf den Schultern tragend, — doch jeder wich 
scheu zurück und dachte an den armen Brücknersohn. Nur einem Manne 
gelang es, wie die Sage weiter erzählt, sich in einer Nacht reich zu 
machen. Ihm träumte, er solle dreimal auf die Brücke von Rodisfort 
gehen und zwar immer zur bestimmten Zeit; während er das dritte 
Mal zur Stelle war und harrend sann, kam die Burgfrau als ein 
altes, häßliches Weib hinkend auf ihn zu und deutete mit erhobener 
Krücke gegen Pürstein mit den Worten: „Gehe dahin gegen Pürstein 
auf das alte Schloß! Wenn dann der Mond am höchsten steht, so 
glänzt dir in der alten, schwarzen Mauer ein weißer Stein entgegen, 
diesen hebe hinweg, und was du suchtest, das wird dir mehr als zu— 
viel!“ Und er hob um Mitternacht diesen verhängnisvollen Stein hin— 
weg, und fand so viel Gold, daß er nicht stark genug war, alles fort— 
zubringen. — Seit dieser Zeit hat niemand mehr die alte Frau ge— 
sehen, und während früher in den alten Mauern nachts oft Getöse 
hörbar war, herrscht dort jetzt Grabesstille. 
  
53. Das Fräulein des Schlosses Rabenau. 
(Mitgeteilt vom Dir. Ludwig Lamer in Hainsberg.) 
Von Zeit zu Zeit ließ sich auf dem Schloßhofe zu Rabenau ein 
Fräulein sehen, welches des Nachts ruhelos auf demselben mit einem 
hellen, weitleuchtenden Lichte umherwandelte und auf Erlösung von 
dem Banne wartete. Welcher Art diese Erlösung sein sollte und 
warum das Fräulein umging, hat man nicht erfahren können. 
  
54. Die verwünschte Jungfrau des Greifensteins. 
(Dietrich und Textor, die romantischen Sagen des Erzgebirgs I. 1822. 
S. 123 2c.) 
Am Hofe des Böhmenherzogs Wratislaw lebte im 11. Jahrhun- 
derte ein Ritter Otto von Greifen, welcher sich, des Hoflebens müde, 
mit seiner Gemahlin in das damals unwegsame Erzgebirge zurückzog 
und im jetzigen Freiwalde eine Burg erbaute. Von dieser Burg, Grei- 
fenburg genannt, will man jetzt noch Uberreste auf dem Greifensteine 
bei Ehrenfriedersdorf sehen. Seine Gemahlin schenkte ihm einen 4 
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