Sagenstoffe entstammen, auf beiden Seiten ein im wesentlichen —bl
und haben ja auch die politischen Grenzen mehrfach sich verändert, so
daß Bezirke, die früher zu Böhmen gehörten, jetzt sächsisch sind, und
umgekehrt. Ich stellte mich hier auf denselben Standpunkt wie an-
dere Sagensammler, die allgemein thüringsche oder lausitzsche Sagen
u. s. w. veröffentlichten. «
Den einzelnen Abteilungen des Sagenbuches sind einleitende Worte
vorausgeschickt und vielen einzelnen Sagen Bemerkungen beigefügt
worden, in denen für diejenigen, welche sich mit spezieller Sagen—
forschung nicht befaßt haben, einerseits auf die mythologische Bedeu—
tung vieler Sagen oder auf verwandte Überlieferungen in andern deut-
schen Gebieten hingewiesen, in denen aber auch auf einzelne histo-
rische Thatsachen aufmerksam gemacht wird, um die betreffenden
Sagen als das hinzunehmen, was sie sind: Erzeugnisse der Phantasie
und Poesie, welche sich nur an historische und zum Teil wieder ver-
gessene Ereignisse anlehnen. Der Fachgelehrte bedarf selbstverständlich
der Anmerkungen nicht.
Da es schwer ist, in allen Fällen die Sage von der wirklichen
Geschichte zu trennen, so sind auch einzelne Stoffe aufgenommen wor-
den, welche als bloße chronikalische Nachrichten aufgefaßt werden können,
obschon ihnen ein, wenn auch nur schwacher Schimmer des dichtenden
Volksgeistes anhaftet. Dies gilt besonders von den sogenannten Orts-
sagen, von denen einige vielleicht auch einen Platz in einem andern Ab-
schnitte hätten finden können. So dürfte z. B. No. 329, welche Sage
freilich, was hier gleich bemerkt sein mag, durch ein Versehen mit ein-
gereiht wurde, da dieselbe streng genommen nicht mehr in das am
Eingange abgegrenzte Gebiet gehört, unter den Göttersagen an keinem
unrechten Platze sein. Über solche Einzelheiten und ebenso über die
Gruppierung der Sagenstoffe können ja die Meinungen auseinander
gehen.
Möge nun das Buch recht viele Freunde finden und möge es,
wie bereits ein Rezensent aussprach, dazu beitragen, „daß die Freude
an Herkommen und Vergangenheit uns wieder wie unsern Altvorderen
zu eigen werde, damit wir selbst wieder mit unserer Scholle verwach-
sen und in unserer Heimat heimisch werden, wie es von jeher deutsche
Art und Sitte war.“
Schneeberg, den 16. Juni 1886.
Dr. Köbler.
— –
VIII