ie $ anhatte und sich für eine von Adel ausgab, so bei dem *
Glauchau früher befindlichen Nonnenkloster die Stelle einer Abtissin
vertreten habe. Das erste Mal ist dieses Gespenst, welches man später
nur die weiße Frau genannt hat, einer hier dienenden Nähterin aus
Leipzig, namens Marie Sabine Demantin erschienen, ist vor das Bett,
in welchem sie mit der Kindermagd lag, getreten, hat geächzt und ge-
seufzt, dann hat es die silbernen Eßlöffel, welche in einem Körbchen
gelegen, gezählt und, da ihrer nur elf gewesen, gesagt: „Ei, des Herrn
Löffel fehlt!“ was auch der Fall gewesen. Hierauf hat es des
Superintendenten langen Mantel und die mit Pelz gefütterte Schaube
seiner Frau, welche an der Wand gehangen, heruntergenommen, den
Mantel und die Schaube oben darauf umgenommen und ist so in der
Stube herumspaziert, als aber das Kindermädchen darüber gelacht
und gesagt: „Was macht denn der Narr!“ ist es ihr schlecht bekommen,
denn sie hat augenblicklich im Munde und Gesicht heiße Blasen be-
kommen und deshalb 14 Tage das Bett hüten müssen. So oft aber,
als das Gespenst erschienen, hat es einen hellen Glanz und Schimmer
um sich verbreitet, daß man einen Pfennig auf der Erde erkennen
konnte. So haben denn zwei Männer, G. C. Müller und A.
Flader, sich, nachdem die beiden Mädchen aus der Kammer wegge-
bettet, worden waren, in dieselbe niedergelegt, um das Gespenst abzu-
lauern, es ist aber nicht von ihnen wahrgenommen worden, sondern
hat sich nur durch Geräusch kundgegeben, hat auch mit einem schweren
Steine in die Kammer geworfen, daß darüber alles erschüttert worden
ist; darauf ist es in den Stall gegangen, und hat daselbst einer alten
Ziege den Hals umgedreht, auch in dem Hühnerhause gegenüber eine
Henne erdrückt. Seit dieser Zeit ist das Gespenst fast alle Nächte zu
der Nähterin gekommen und hat sich mit traurigen Geberden vor ihr
Bett gestellt, auch öfters bitterlich geweint, da denn die herabfallenden
Thränen wie weiße Milch ausgesehen, welche das Gespenst mit einem
schönen weißen Schnupftuch abgewischt hat. Ob nun gleich der Supe-
rintendent dem Mädchen verboten, sich mit dem Gespenste in ein Ge-
spräch einzulassen, hat sie es doch nicht lassen können, sondern gefragt,
was es denn wolle, worauf es mit einer ganz ungewöhnlichen Stimme
geantwortet, sie solle mit ihm gehen und einen Schatz heben, der ge-
höre zwar dem Superintendenten, allein sie solle davon allen im Hause
soviel bringen, daß sie alle genug hätten.
Nun hat das Gespenst sein Begehren alle Nächte wiederbolt,
endlich ist die Nähterin mitgegangen, und wie sie durch des Superin-
tendenten Studierstube gehen und zwei angezündete Unschlittlichter in
den Händen haben, thut sich auf einmal die Thüre auf den Saal 1
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