Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

  
arüber aufgewacht und hat dem Gespenst eine Ohrfeige nach der anderen 
gegeben, daß sie es endlich vom Arme herabgelassen und mit der linken 
Hand fortgeführt, weil es nicht weiter hat mitgehen wollen. Da dann der 
ganze Saal zur rechten und linken Hand voller schwarzer und weißer 
Mönche gestanden, mitten durch ist ein enger Durchgang geblieben, 
und haben sich auf beiden Seiten Musikanten gefunden, welche mit 
Geigen, Posaunen und Trompeten aufs Lieblichste musiciert, wie sol- 
ches alle im Hause gehört. Als nun das geängstigte Kind samt der 
Nähterin an die Treppe kommt, sieht es daselbst einen großen schwar- 
zen Hund sitzen, der eine feurige Zunge aus seinem Rachen reckt, ist 
aber davon noch mehr erschrocken, und fängt an zu schreien: Ach, 
Hund beißt! Hund beißt! worauf es sich aus den Händen des Ge- 
spenstes gerissen und wieder in die Studierstube gelaufen ist. Da nun 
die Nähterin solches gesehen, entfällt ihr der Mut auch, sie kehrt eben- 
falls um, allein es ist ihr wie das erste Mal nicht wohl bekommen, 
sondern die bösen Geister haben sie bei den Haarzöpfen ergriffen, zu- 
rückgezogen und etliche Mal wider den Boden gestoßen, wobei es ihr 
vorgekommen ist, als wenn neben ihrem Kopfe lauter Pistolen losge- 
schossen würden. Indem sie nun noch mit großer Mühe in die Stu- 
dierstube gekommen und niedergesunken, nicht wissend, wo sie sei noch 
wie ihr geschehen, da hat sich das Knäblein umgewandt, sie bei der 
Hand genommen, und vollends in seines Vaters Schlafkammer geführt, 
wohin die Frauenzimmer aus der anderen Kammer gelaufen kamen 
und sie hier zu erquicken suchten. Der Superintendent hat nun die 
ganze Zeit hindurch mit seiner ganzen Familie und Gesinde des Mor- 
gens und Abends seine Andacht gehalten, die Nähterin aber, weil sie 
zum zweiten Male nicht gefolgt, wegziehen heißen. Kaum ist sie jedoch 
fort gewesen, so hat das Gespenst sich die folgende Nacht darauf in 
der Kammer, wo die Nähterin sonst gelegen, mit vernehmlicher Stimme 
hören lassen: „Wo Ihr mir die Marie Sabine nicht wieder herschafft, 
so will ich auf den dritten Abend so turnieren, daß Ihr nicht sollt 
darinnen bleiben können.“ Worauf der Herr des Hauses, der solches 
gehört, geantwortet: „Der Teufel ist ein Lügner, er wird's auch dies- 
mal bleiben!“ Und wirklich ist es in der darauf folgenden Nacht 
ganz still geblieben und hat sich seit der Zeit nichts wieder von dem 
Spuk hören lassen. « 
  
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