Dienstanweisung für die Ausübung der Gerichtsbarkeit im Kiautschougebiete. 461
3. Der Oberrichter ist befugt, für das Obergericht und das Gericht die
Abhaltung von Gerichtstagen außerhalb Tsingtaus anzuordnen.
83. Gericht.
1. Bei dem Gericht werden so viele selbständige Abteilungen gebildet,
als etatsmäßige Richter vorhanden. sind.
2. Über die Verteilung der richterlichen Geschäfte und die gegenseitige Ver-
tretung der Richter während des nächsten Geschäftsjahres beschließen alljährlich
im Monat Dezember die Richter unter Vorsitz des Oberrichters nach Stimmen-
mehrheit; bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Oberrichters den Ausschlag.
Inu der Geschäftsverteilung ist vorzusehen, daß, falls dem Gouverneur ein Marine-
justizbeamter beigeordnet ist, dieser zur Vertretung eines behinderten Richters
berufen ist.
Die Geschäftsverteilung ist vom Oberrichter bekannt zu machen; sie darf
ım Laufe des Geschäftsjahres nur geändert werden, wenn diese infolge einer
Örganisationsänderung, einer Personalveränderung oder einer nicht nur vor-
übergehenden Behinderung eines Richters erforderlich wird.
3. Ist die Vertretung eines verhinderten Richters durch einen der nach
der Geschäftsverteilung berufenen richterlichen Beamten aus rechtlichen oder
tatsächlichen Gründen nicht möglich, so wird ein Vertreter vom Reichskanzler
(Reichs-Miarine-Amt) bestellt. In dringlichen Fällen kann der Oberrichter mit
Zustimmung des Gouverneurs vorläufige Anordnungen über die Vertretung
treffen.
4. Jeder Richter kann den in seiner Abteilung beschäftigten Beamten die
Erledigung einzelner zu seiner Zuständigkeit gehöriger Geschäfte, mit Ausnahme
der in $ 2 Nr. 2 bezeichneten, durch schriftliche Anordnung übertragen.
$4. Beisitzer.
(Zu $ 2 des Schutzgebietsgesetzes in Verbindung mit $$ 5 bis 13 des Gesetzes über
die Konsulargerichtsbarkeit und der Kaiserlichen Verordnung, betreffend das
“ Gericht zweiter Instanz für das Schutzgebiet Kiautschou.)
1. Die Beisitzer und Hilfsbeisitzer des Obergerichts und des Gerichts
werden vom Öberrichter ernannt. Es sind nur deutsche Reichsangehörige zu
ernennen. Die Ernennungen bedürfen der Zustimmung des Gouverneurs. Der
Oberrichter hat Namen und Stand der Beisitzer und Hilfsbeisitzer dem Reichs-
kanzler (Reichs-Marine-Amt) anzuzeigen.
2. Die Worte, welche der Vorsitzende bei der Beeidigung an die Beisitzer
zu richten hat, lauten:
„Sie schwören bei Gott, dem Allmächtigen und Allwissenden, die
Pflichten eines Beisitzers des Kaiserlichen Obergerichts (Gerichts) von
Kiautschou getreulich zu erfüllen und Ihre Stimme nach bestem Wissen
und Gewissen abzugeben.“
85. Rechtsanwälte und Notare.
(Zu $8$ 2 und 6 Nr. 8 des Schutzgebietsgesetzes in Verbindung mit $ 17 des Kon-
sulargerichtsbarkeitsgesetzes und $ 11 der Kaiserlichen Verordnung, betreffend
die Rechtsverhältnisse in den deutschen Schutzgebieten.)
1. Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft und die Zurücknahme der Zu-
lassung erfolgen durch den Oberrichter und bedürfen der Zustimmung des Gou-
verneurs.