Militärische Maßnahmen. 7
Bekanntmachungen des Oberbefehlshabers in den Marken.
Vom 31. Juli 1914.
Durch Allerhöchste Verordnung ist für Berlin und die Provinz Brandenburg
der Kriegszustand erklärt.
Die vollziehende Gewalt geht hierdurch an mich über.
Mit Bezug hierauf setze ich hiermit die Artikel 5, 6, 27, 28, 29, 30 und 36 der
Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850 für den in Kriegszustand erklärten Bezirk
bis auf weitere Bestimmung außer Kraft und verordne, was folgt:
a) Die Zivilverwaltungs- und Gemeindebehörden verbleiben in ihren Funk-
tionen, haben aber meinen Anordnungen und Aufträgen Folge zu leisten.
b) Haussuchungen und Verhaftungen können von den dazu berechtigten
Behörden und Beamten zu jeder Zeit vorgenommen werden.
O) Alle Fremden, welche über den Zweck ihres Aufenthalts sich nicht gebörig
ausweisen können, haben im Falle der Aufforderung durch die Orts-
polizeibehörde den in Kriegszustand erklärten Bezirk binnen 24 Stunden
zu verlassen.
Der Verkauf von Waffen, Pulver und Sprengmitteln an Zivilpersonen
ist verboten.
Zivilpersonen dürfen nur dann Waffen tragen, wenn es ihnen von
mir oder von der Ortspolizeibehörde ausdrücklich gestattet ist. Wer sich
mit Waffen betreten läßt, ohne eine solche Erlaubnis zu haben, wird sofort
entwaffnet.
Wegen der Verpflichtung der Gemeinden zum Ersatz des bei öffentlichen
Aufläufen verursachten Schadens verweisc ich auf das Gesetz vom 11. März
1850 (Gesetzsamml. S. 199).
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Warnung.
Nachdem durch Allerhöchste Verordnung der Kriegszustand für Berlin und die
Provinz Brandenburg erklärt worden ist, werden die Strafbestimmungen der § 8
und 9 des Gesetzes über den Belagerungszustand vom 4. Juni 1851, welches hiermit
in Kraft tritt, in Erinnerung gebracht.
& 8. Wer in einem in Belagerungszustand erklärten Orte oder Distrikte der
vorsätzlichen Brandstiftung, der vorsätzlichen Verursachung einer Uberschwemmung
oder des Angriffs oder des Widerstandes gegen die bewaffnete Macht oder Abgeordnete
der Zivil= oder Militärbehörde in offener Gewalt und mit Waffen oder gefährlichen
Werkzeugen versehen sich schuldig macht, wird mit dem Tode bestraft.
Sind mildemde Umstände vorhanden, so kann statt der Todesstrafe auf zehn-
bis zwanzigjährige Zuchthausstrafe erkannt werden.
* 9. Wer in einem in Belagerungszustand erklärten Orte oder Distrikte
a) in Beziehung auf die Zahl, die Marschrichtung oder angeblichen Siege
der Feinde oder Aufrührer wissentlich falsche Gerüchte ausstreut oder
verbreitet, welche geeignet sind, die Zivil= oder Militärbehörden hin-
sichtlich ihrer Maßregeln irrezuführen, oder
b) ein bei Erklärung des Belagerungszustandes oder während desselben
vom Militärbefehlshaber im Interesse der öffentlichen Sicherheit er-
lassenes Verbot übertritt, oder zu solcher Ubertretung auffordert oder
anreizt, oder
Tucr) zu dem Verbrechen des Aufruhrs, der tätlichen Widersetzlichkeit, der Be-
freiung eines Gefangenen oder zu andern im §& 8 vorgesehenen Ver-
brechen, wenn auch ohne Erfolg, auffordert oder anreizt, oder