66 Prisenordnung.
b) die ausschließlich der Küstenfischerei oder den Verrichtungen der kleinen
Lokalschiffahrt dienenden Fahrzeuge, solange sie nicht in irgendwelcher Art
an den Feindseligkeiten teilnehmen (2. Haager Konferenz=Abkommen XI)¹).
Die Küstenfischerei ist nicht auf die Hoheitsgewässer des betreffenden
Staates beschränkt; der Begriff umfaßt hier die gesamte Fischerei mit Aus=
nahme der ausgesprochenen Hochseefischerei.
c) die mit religiösen, wissenschaftlichen und menschenfreundlichen Aufgaben
betrauten Schiffe (2. Haager Konferenz=Abkommen XI) ¹)
d) Schiffe, deren Fahrt ausschließlich die Beförderung von Parlamentären
oder den Austausch von Kriegsgefangenen zum Zweck hat;
e) feindliche Kauffahrteischiffe, die bei Beginn der Feindseligkeiten auf der
Fahrt von einem deutschen oder verbündeten Hafen nach ihrem Bestim=
mungsort oder einem sonstigen, ihnen bezeichneten Hafen begriffen und
im Besitz eines Passierscheines sind, es sei denn, daß sie von der ihnen
vorgeschriebenen Fahrt abgewichen sind, ohne sich deswegen hinreichend
rechtfertigen zu können (2. Haager Konferenz=Abkommen VI, Artikel 1).
7. Die auf See auf neutralen oder feindlichen Schiffen vorgefundenen Brief=
postsendungen der Neutralen und der Kriegführenden, mögen sie amtlicher oder
privater Natur sein, sind unverletzlich. Erfolgt die Aufbringung des Schiffes, so
sind sie vom Aufbringenden möglichst unverzüglich weiter zu befördern (2. Haager
Konferenz=Abkommen XI Artikel 1 und 2)²).
Die Bestimmungen des vorstehenden Absatzes finden im Falle des Blockade=
bruches keine Anwendung auf die Briefsendungen, die nach dem blockierten Hafen
bestimmt sind oder von ihm kommen.
Die Unverletzlichkeit der Briefpostsendungen entzieht die neutralen Postdampfer
nicht den Gesetzen und Gebräuchen des Seekrieges, also auch nicht dem Prisenrecht;
doch soll ihre Durchsuchung nur im Notfall unter möglichster Schonung und mit
möglichster Beschleunigung vorgenommen werden.
8. Wird die Beschlagnahme von Schiffen und Gütern von der Prisengerichts=
barkeit nicht bestätigt oder wird sie vor dem prisengerichtlichen Verfahren aufgehoben,
so haben die Beteiligten Anspruch auf Schadensersatz, es sei denn, daß ausreichende
Gründe für die Beschlagnahme vorlagen (vgl. 13c und 14c).
Letzteres ist stets der Fall, wenn seitens einer an Bord des Schiffes befindlichen
Person Schiffspapiere vernichtet oder beiseite gebracht sind oder wenn doppelte,
falsche oder gefälschte Schiffspapiere an Bord vorgefunden werden, sofern die letzt=
genannte Unregelmäßigkeit mit Umständen in Verbindung steht, die für die Auf=
bringung oder Freigabe des Schiffes von Bedeutung sind.
9. Auch gegen Zahlung einer Entschädigung wird der Kommandant nicht be=
rechtigt, Schiffe oder Güter, die der Aufbringung oder Beschlagnahme nicht unter=
liegen, gegen den Willen der Beteiligten anzufordern (zu requirieren).
Abschnitt II.
Feindliche Schiffe und ihre Ladung.
10. Feindliche Schiffe unterliegen mit Ausnahme der unter 6 genannten der
Aufbringung. Wegen der feindlichen Staatsschiffe vgl. 2.
11. Die Eigenschaft eines Schiffes als feindlichen oder neutralen Schiffes wird
durch die Flagge bestimmt, zu deren Führung es berechtigt ist.
¹) Diese Vergünstigung genießen nicht China, Montenegro und Rußland für die
betreffenden Schiffe und Fahrzeuge ihrer Flagge.
²) Briefsendungen folgender Staaten genießen diese Vergünstigung nicht: China,
Montenegro und Rußland.