76 Prisenordnung.
des Tages und der Stunde sowie des Schiffsortes in dem Schiffstagebuch des Schiffes
zu vermerken. Hiermit ist die Blockade für das Schiff rechtlich wirksam, soweit Er=
klärung und Bekanntgabe dafür in Frage kommen.
Die Bekanntgabe an den Befehlshaber eines Konvois ist für alle geleiteten
Schiffe verbindlich.
75. Hat der Feind es dem Befehlshaber der blockierenden Streitmacht unmöglich
gemacht, den örtlich zuständigen Behörden die Blockadeerklärung bekanntzugeben,
so hat auch ein aus einem blockierten Hafen auslaufendes neutrales Schiff¹) Anspruch
auf die unter 74 genannte besondere Bekanntgabe.
Ist eine solche einmal erfolgt und das Schiff in den blockierten Hafen zurück=
gekehrt, so ist bei allen später aus diesem auslaufenden Schiffen Kenntnis der Blockade
vorauszusetzen.
76. Ein Blockadebruch ist als vorliegend anzusehen, wenn ein Schiff den Blockade=
gürtel durchbricht oder zu durchbrechen versucht in der Absicht, einen blockierten
Hafen zu erreichen oder aus ihm zu entkommen.
Unter Blockadegürtel ist das in sich zusammenhängende Seegebiet zu verstehen,
das diejenigen Kriegsschiffe beherrschen, die beauftragt sind, die tatsächliche Wirk=
samkeit der Blockade sicherzustellen.
Die Breite des Blockadegürtels hängt ebenso wie seine Lage von militärischen
und geographischen Verhältnissen sowie von der Zahl der verfügbaren Schiffe ab;
doch darf er gemäß 58 nie derart liegen, daß ein neutraler Hafen oder eine neutrale
Küste nur mittels Durchbrechens des Blockadegürtels erreichbar sind.
77. Ein Schiff kann wegen Blockadebruchs erst aufgebracht werden, wenn es
ein= oder auslaufend den Blockadegürtel erreicht hat.
78. Ein Schiff, das sich eines Blockadebruchs schuldig gemacht hat, unterliegt
der Aufbringung, solange es von einem der blockierenden Streitmacht angehörenden
Schiffe verfolgt wird. Doch ist die Aufbringung nicht mehr zulässig, wenn die Blockade
aufgehoben oder die Verfolgung aufgegeben ist. Letzteres ist nicht ohne weiteres
der Fall, wenn das Schiff einen neulralen Hafen erreicht.
79. Ein Blockadebruch durch Einlaufen liegt nicht vor, wenn das Schiff sich
tatsächlich auf der Fahrt nach einem offenen Hafen befindet, selbst wenn das Schiff
von diesem aus nach einem blockierten Hafen weiterfahren will oder seine Ladung
nach einem solchen weiterbefördert werden soll.
80. Ein Schiff, das sich des Blockadebruchs schuldig gemacht hat, unterliegt im
Anschluß an die Aufbringung der Einziehung. Seine Ladung ist ebenfalls einziehbar,
es sei denn, daß der Befrachter bewiesenermaßen zur Zeit der Verladung der Ware
die Absicht eines Blockadebruchs weder gekannt hat noch hat kennen können.
Im Zweifel hat der Kommandant die ganze Ladung als einziehbar anzusehen.
Bezüglich des Rechtes, die einziehbaren Teile der Ladung unter Absehung von
der Aufbringung des Schiffes zu beschlagnahmen, vgl. 121.
Abschnitt VI.
Verfahren bei der Anhaltung, Durchsuchung und Aufbringung.
81. Der Kommandant hat möglichst zu vermeiden, bei der Anhaltung und
Durchsuchung ein Schiff unter neutraler Flagge von seinem Reiseweg abzubringen;
er soll sich überhaupt bemühen, dem Schiffe so wenig Störung als möglich zu ver=
ursachen. Insbesondere darf er unter keinen Umständen beanspuchen, daß der
Kapitän an Bord des Kriegsschiffes kommt oder ein Boot, Leute der Besatzung, die
Schiffspapiere usw. dorthin sendet.
82. Will der Kommandant ein Schiff anhalten, so hat er es durch Signal und
Heulen mit der Sirene zum Stoppen aufzufordern. Spätestens zugleich mit diesem
¹) Siehe Anmerkung zu 68.