Full text: Kriegs-Gesetze – Verordnungen und Bekanntmachungen Heft 1 (1)

Prisenordnung. 77 
Signal sind Flagge und Wimpel zu setzen; bei Nacht ist erstere zu beleuchten. Während 
der Jagd ist ein Zeigen der Kriegsflagge nicht erforderlich, die Führung einer be= 
liebigen Handelsflagge statthaft. 
83. Stoppt das Schiff nicht auf das Signal, so sind zwei aufeinanderfolgende 
blinde Schüsse und, wenn erforderlich, noch ein scharfer Schuß über das Schiff hinweg 
abzugeben. 
Stoppt das Schiff auch dann noch nicht oder leistet es Widerstand, so zwingt 
der Kommandant es zum Stoppen. 
84. Hat das Schiff gestoppt, so sendet der Kommandant einen Offizier, dem 
ein zweiter Offizier und bis zu 3 Mann als Zeugen und zur Unterstützung beigegeben 
sind, mit einem nicht armierten, gewöhnlich besetzten Boote (mit Flagge) an Bord. 
Von dem Anhaltungskommando tragen die Offiziere den Säbel, die Mannschaften 
dagegen keine Waffen. Die übrige Bootsbesatzung nimmt ihre Handwaffen im 
Boote mit.  
85. Schließt die Witterung den Bootsverkehr aus, so darf der Kommandant 
bei dringendem Verdachte dem Schiffe einen Kurs vorschreiben und selbst folgen, 
bis die Durchführung der Anhaltung möglich ist. 
86. Bei dieser geht der Offizier im allgemeinen zunächst nur mit dem ihm zu= 
geteilten Offizier an Bord und ersucht höflich, aber bestimmt um Vorzeigung der 
Schiffspapiere. Weigert sich der Kapitän, so befiehlt er die Vorzeigung. Eine weitere 
Weigerung berechtigt zur Aufbringung des Schiffes. 
87. Der Offizier unterzieht die Schiffspapiere einer genauen Durchsicht, prüft, 
soweit dies ohne genauere Untersuchung möglich ist, die Identität des Schiffes mit 
den Angaben der Papiere (Name am Heck, Schornsteinabzeichen, Reedereiflagge, 
Name an Booten und Bojen usw.), seine Nationalität, Dauer ihres Bestehens, 
Heimats= und Abgangshafen, Bestimmung des Schiffes, Art und Bestimmung der 
Ladung usw. 
88. Kommt der Offizier bei der Prüfung der Papiere zu der Ansicht, daß das 
Schiff der Aufbringung nicht unterliegt, so entläßt er es nach eingeholter Genehmigung 
des Kommandanten und nach Eintragung eines Vermerkes in Schiffstagebuch und 
Nationalitätsurkunde (anhaltendes Schiff, Zeit, Ort der Anhaltung, Grund der 
Entlassung, Name und Dienstgrad des Kommandanten und des Offiziers). Vor der 
Entlassung ersucht er den Kapitän um eine schriftliche Erklärung, ob und welche 
Ausstellungen dieser an der Durchführung der Maßnahmen zu machen hat. 
89. Hatte der Kapitän Ausstellungen zu machen, so äußert sich der Offizier in 
einer kurzen Meldung zu diesen. Der Kommandant reicht baldigst die Erklärung, 
gegebenenfalls mit dieser Meldung unter eigener Stellungnahme, dem Chef des 
Admiralstabes unmittelbar ein. 
90. Kommt der Offizier bei der Prüfung der Papiere zu der Ansicht, daß das 
Schiff verdächtig ist, so schreitet er zur Durchsuchung. Diese umfaßt genauere Fest= 
stellung der Übereinstimmung zwischen dem Schiffe und den Angaben seiner Papiere 
(Änderungen an äußeren Merkmalen, Abzeichen, Lademarke, Namenschildern zu be= 
achten!) und Prüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben der Papiere 
über die Verhältnisse von Schiff und Ladung. Die Durchsuchung erfolgt durch Be= 
fragung von Kapitän, Besatzung (bei Verdacht des Flaggenwechsels Vergleich der 
namentlichen Unterschrift der Besatzung mit derjenigen in der Musterrolle, falls das 
Flaggenrecht die nationale Zusammensetzung der Besatzung bestimmt) und Passagie= 
ren, bei der jedoch keinerlei Zwang durch Drohung auszuüben ist, und durch Unter= 
suchung von Schiff und Ladung. Diese geschieht mit Hilfe der erforderlichenfalls zu 
verstärkenden Bootsbesatzung und — falls er sich nicht weigert — im Beisein des 
Kapitäns, welcher die Öffnung der Verschlüsse und Verpackungen zu veranlassen oder 
die zweckmäßigste Art der Öffnung anzugeben hat. Beschädigungen sind nach 
Möglichkeit zu vermeiden.
	        
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