Full text: Kriegs-Gesetze – Verordnungen und Bekanntmachungen Heft 1 (1)

78 Prisenordnung. 
91. Erweist sich die Durchführung der Durchsuchung als notwendig, aber als 
zur Zeit nicht durchführbar, so ist das Schiff später an einer geeigneten Stelle zu 
durchsuchen. Ergeben sich hieraus für das zu durchsuchende Schiff erhebliche Nach- 
teile, so hat der Kommandant zur einstweiligen Aufbringung zu schreiten. (Vgl. 97.) 
92. Gewinnt der Offizier bei der Durchsuchung die Uberzeugung, daß das Schiff 
der Aufbringung nicht unterliegt, so ist nach sorgfältiger Wiederherstellung des früheren 
Zustandes von Schiff und Ladung gemäß 88 und 89 zu verfahren. Ansprüche des 
Kapitäns aus Beschädigungen sind, wenn möglich, vor Entlassung des Schiffes vom 
Kommandanten zu regeln. 
93. Ergibt die Durchsuchung, daß nur Teile der Ladung einziehbar sind, so 
entscheidet der Kommandant, ob er das Schiff aufbringen oder nur die fraglichen 
Ladungsteile gemäß 121 beschlagnahmen oder das Schiff ohne weiteres freilassen 
will. Ein Verzicht auf die Beschlagnahme gegen eine Zahlung ist unstatthaft. (Vgl. 
auch 46.) 
94. Ergibt die Durchsuchung nach Anhörung des Kapitäns derartige Umständc, 
daß der Kommandant die Einziehung des Schiffes erwarten zu können glaubt, so 
hat er im allgemeinen das Schiff aufzubringen (Vgl. 119.) 
90. Die Aufbringung wird bewirkt durch Mitteilung zu Protokoll an den Napitän, 
Besetzung des Schiffes durch ein Kommando und Heißen der Kriegsflagge. Ist 
eine Besetzung des Schiffes und damit das Heißen der Kriegsflagge zunächst nicht 
möglich, so ist das Schiff anzuweisen, seine Flagge niederzuholen und Fahrt und 
Kurs nach den Befehlen des Kommandanten zu regeln. 
Durch etwaiges Führen der Kriegsflagge wird das Schiff nicht zum Kriegsschiff. 
56. lüber die Aufbringung berichtet der Kommandant bldigst dem Chef des 
Admiralstabes unmittelbar. Der Bericht muß enthalten: Name des Kapitäns und 
des Schiffes, Flagge, die es beim Anhalten führte, Zeit, Ort und Gründe der Auf- 
bringung. Das Prisenamt erhält bei der Einbringung Abschrift des Berichts. 
97. Ergeben sich nach erfolgter Aufbringung Beweise dafür, daß ein Schiff 
zu Unrecht aufgebracht ist, so ist es unverzüglich gemäß 92 zu entlassen. Der zu 90 
genannte Bericht ist auch in diesem Falle unter Angabe der Gründe für die Frei- 
lassung zu erstatten und vom Chef des Admiralstabes an das zuständige Prisengericht 
abzugeben. 
98. Wird ein vom Feinde aufgebrachtes Schiff wieder genommen, bevor es 
von ihm eingezogen oder zu kriegerischen Unternehmungen verwendet ist, so ist es, 
wenn deutscherseits kein Grund zu seiner Aufbringung vorliegt, freizugeben. llber 
die Freigabe ist unmittelbar an den Chef des Admiralstabes Meldung zu erstatten. 
Abschnitt VII. 
Behandlung der Besatzung und der Passagiere aufgebrachter Schiffe. 
99. Ist ein Schiff nach 16b (Widerstand) oder 55a (Teilnahme an Feindselig- 
keiten) aufgebracht worden, so kann mit denjenigen Personen, die, ohne in die feind- 
liche Streitmacht eingereiht zu sein, an den Feindseligkeiten teilgenommen oder gewalt 
sam Widerstand geleistet haben, nach dem Kriegsgebrauche verfahren werden. Die 
übrigen Personen der Besatzung werden zu Rriegsgefangenen gemacht. Wegen der 
Besatzungen bewaffneter Handeleschiffe siehe Anlage. 
100. Ist ein Schiff gemäß 10 bis 16a# als feindliches oder gemäß 55b, c, d wegen 
neutralitätswidriger Unterstützung aufgebracht, so werden der Kapitän, die Offiziere 
und die Mitglieder der Besatzung — soweit sie feindliche Staatsangehörige sind — 
nicht zu Kriegsgefangenen gemacht, wenn sie sich unter Bekräftigung mit einem 
förmlichen schriftlichen Versprechen verpflichten, während der Dauer der Feindselig 
keiten keinen Dienst zu übernehmen, der mit den Kriegsunternehmungen des Feindes 
in Zusammenhang steht. 
Soweit die Mannschaft einem neutralen Staate angehört, ist sie bedingungslos 
freizulassen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.