Prisenordnung. 79
Besitzen Rapitän und Offiziere eine neutrale Staatsangchörigkeit, so sind sie
freizulassen, wenn sic ein förmliches schriftliches Versprechen abgeben, während der
Dauer des Krieges auf keinem feindlichen Schiffe Dienste zu nehmen.
101. Ist ein neutrales Schiff gemäß 39 wegen Konterbandc oder gemäß 77,
wegen Blockadebruchs oder gemäß 51 wegen neutralitätswidriger Unterstützung z
gebracht, so wird die gesamte Besatzung — einschließlich des Kapitäns und der Öffi-
ziere — bedingungstos freigelassen.
102. Die Freilassung erfolgt durch Entlassung von Bord bei Abgabe der Prise.
Dock sind die erforderlichen Zeugen zurückzubehalten. Die Namen der bedingungs-
weise freigelassenen seindlichen und neutralen Personen sind dem Chef des Admiral-
stabes unmittelbar zu melden zwecks Mitteilung an die feindliche Macht.
103. Passagiere aufgebrachter Schiffe sind auf freiem Fuß zu belassen und mit
Ausnahme der erforderlichen Zeugen sobald als angängig zu entlassen.
104. a) Die Behandlung der Kriegsgefangenen richtet sich, soweit es dic Ver-
hältnisse des Seekrieges zulassen, nach Art. 4 bis 20 der Anlage zu 2. Haager Konferenz-
Abkommen IV.
b) Kapitän und Besatzung aufgebrachter Schiffe — soweit sie nicht zu Kriegs-
gesangenen gemacht sind — haben gleichwohl ihre bisherigen Dienste weiter zu ver-
sehen bis zu ihrer Entlassung. Die Anwendung von Zwangsmitteln ist, wenn irgend
tunlich, zu vermeiden. Sie bleiben im übrigen im Genuß ihrer Rechte, soweit die
Verhältuisse des Krieges nicht ein anderes gebicten.
c) An den Rechten der Passagiere aufgebrachter Schiffe soll nur in dringenden
Fällen gerührt werden, z. B. wegen neurralitätswidriger Handlungen (vgl. 51.)
105. Gebieten es die Umstände, so dürfen an Bord aufgebrachter Schiffe be-
findliche Personen — auch auf das Kriegsschiff — umgeschifft werden. Ihr Aufenthatt
auf dem Kriegeschiff darf nicht länger als unbedingt notwendig ausgedehnt werden.
Abschnitt VIII.
Behandlung aufgebrachter Schiffe und beschlagnahmter Güter.
106. Der Kommandant hat nach der Aufbringung des Schiffes oder der Be-
schlagnahme der Güter sofort die Maßnahmen zu treffen, die für deren Sicher-
stellung und für das prisengerichtliche Verfahren erforderlich sind.
107. Bedingen die Verhältnisse einc schnelle Trennung des Kricgsschiffes vom
aufgebrachten Schiff, so ist der Führer des Besatzungskommandos (Prisenoffizier) mit
diesen Maßnahmen zu betrauen.
108. Der Kommandant hat sich sofort in den Besitz der Papiere des Schiffes
zu setzen, d. h. aller Papiere, die sich an Bord vorfinden und als Beweismittel vor
dem Prisengericht dienen können.
Die Papiere werden in demselben Zustand, wie sie gefunden werden, georenet
und mit Nummern versehen; ein Verzeichnis wird aufgestellt und vom Kommandaute
sowie vom Kapitän unterschrieben; Papiere und Verzcichnis werden mit dem Dienst-
fiegel des Kriegsschiffes und dem Siegel des Kapitäns verschlossen und nobst einer
Verhandlung über den Zustand von Schiff und Ladung und Abschrift des zu 1½6
genannten Berichtes dem Prisenoffizier zur sicheren Aufbewahrung und spateren
Ablieferung an das Prisenamt übergeben.
Sollte der Kapitän seine Unterschrift oder sein Siegel verweigern, so ist dieses
am Schlusse des Verzeichnisses zu vermerken.
Werden Papiere nachträglich gefunden, oder sind solche in (zegenwart von
Zeugen vernichtet oder über Bord geworfen worden, so sind Verhandlungen darüber
mit den Zeugen aufzunohmen und dem Prisenamt mit vorzulegen.
109. Uber die an Bord vorgefun, enen Gelder und Wertsachen i#sl ein gemäß
108 unte rschriftiich zu vollziehendes Verzeichnis, von dem der Napilän Abschrift er-
hält, aufzusetzen und später an das or senamt abzuliefern.