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Gnadenerlasse.
8 17 der Verordnung des Bundesrats vom 16. Juni 1882 Zentralblatt
9. Juli 1896
für das Deutsche Reich 1896 Seite 443 f., Just. Min. Bl. 1896 Seite 285 f.
Indessen lautet auf der ersten Seite das Ersuchen dahin: „zur gefälligen
Auskunftserteilung, ob esrichtigist, daß die umstehend bezeichnete Person durch
den Gnadenerlaß vom 27. Januar 1916 betroffen wird“. Hinzugefügt
wird hier: „Sollte diese Anfrage nicht an die richtige Strafregisterbehörde
gerichtet sein, so wird gebeten, sie an diese weiterzugeben.“ Auf der
zweiten und dritten Seite wird an Stelle des Wortes „Auszug“ „Ant-
wort"“ gesetzt; und die Antwort wird dahin erteilt entweder: „fällt unter
den Gnadenerlaß vom 27. Januar 1916“, oder: „fällt nicht unter den
Gnadenerlaß vom 27. Januar 1916, weil folgende Strafe entgegen-
steht.“ Sind die Namen des Gatten und der Eltern nicht ohne Zeitvellust
anzugeben, so können sie weggelassen werden.
Für die Antwortsendung ist deshalb die Adresse der anfragenden
Behörde einzurücken, und zwar ist, wenn es nicht in dem Formular ge-
schieht, ein geschriebener Breifumschlag beizufügen.
mDie Straflöschung wird dadurch nicht gehindert, daß in der Zeit vom
27. Januar 1906 bis zum 27. Januar 1916 von einem Gericht oder einer
Polizeibehörde eine Haft oder Geldstrafe wegen einer Übertretung aus-
gesprochen ist, d. h. wegen einer Handlung, die nach dem Gesetz nur mit
Haft oder mit höchstens 150 Mark Geldstrafe belegt werden kann.
Findet sich eine Übertretungsstrafe für die genannte Zeit, so hindert
sie zwar nicht die Löschung der vor dem 27. Januar 1906 ausge-
sprochenen Strafen, sie selbst aber bleibt ungelöscht.
Weitere Erfordernisse als die in Ziffer 2 angegebenen bestehen nicht.
Es ist also nicht etwa gute Führung seit der Bestrafung festzustellen.
Irgendwelche Nachfragen oder Ermittelungen, welche dem Bestraften
Nachteile bringen könnten, sind zu unterlassen.
Für die Frage, ob eine Gefängnis= oder Festungsstrafe ein Jahr über-
schreitet (Ziffer 2b) ist zu beachten, daß eine Gesamtstrafe wegen mehrerre
Straftaten als eine einzige Strafe gilt. Auch wenn durch nachträgliche
Festsetzung einer Zusatzstrafe eine Gesamtstrafe gebildet ist, ist die Höhe
der Gesamtstrafe maßgebend. Ist z. B. jemand zunächst zu 9 Monaten
Gefängnis und später zusätzlich zu sechs Monaten Gefängnis ver-
urteilt, so liegt eine Gesamtstrafe von 15 Monaten vor, welche eine
Anwendung des Gnadenerlasses auf die bestrafte Person hindert.
Ist aber jemand, ohne daß ausdrücklich auf eine Zusatz= oder eine
Gesamtstrafe erkannt ist, nacheinander zu mehreren Strafen verurteilt,
z. B. zu 9 Monaten und später zu 6 Monaten Gefängnis, so sind sie alle
zu löschen, sofern die übrigen Voraussetzungen zur Löschung vorliegen.
Nach den Schlußworten unter Ziffer 2b ist z. B. auch eine Verur-
teilung zu einem Jahr Gefängnis, sechs Wochen Haft und 1000 Mark
Geldstrafe der Löschung fähig.
Eine Strafe, die schon früher infolge eines Einzelgnadenerweises oder
insocge, eines Wiederaufnahmeverfahrens gelöscht worden ist, bleibt außer
etracht.
Ist Gewißheit erlangt, daß der Gnadenerlaß einer bestraften Person
zugute kommt, so sind alle Vermerke über die vor dem 27. Januar 1906
ausgesprochenen Strafen zu löschen, während die etwaigen späteren
Strafen bestehen bleiben. Als solche bestehen bleibenden Strafen können
nur Ubertretungsstrafen aus der Zeit vom 27. Januar 1906 bis zum
27. Januar 1916 und etwaige nach dem 27. Januar 1916 festgesetzte
Strafen in Betracht kommen.
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