Full text: Kriegs-Gesetze – Verordnungen und Bekanntmachungen Heft 6 (6)

Volksernährung. 
8 1. Zur Regelung der Beschaffung, des Absatzes und der Preise von lebendem 
Vieh wird für jede Provinz, für die Provinz Hessen-Nassau für jeden Regierungsbezirk 
ein rechtsfähiger Verband gebildet. 
Der Oberpräsident in Potsdam ist befugt, die Provinz Brandenburg oder Teile 
von ihr mit der Stadt Berlin für die Durchführung dieser Anordnung zu einem be— 
sonderen Verbande zusammenzuschließen. 
§* 2. Dem Verbande gehören an: 
1. alle Viehhändler, die im Verbandsbezirk ihre gewerbliche Niederlassung 
und bereits vor dem 1. Juli 1914 Viehhandel im Hauptberuf betrieben 
haben. Falls sie binnen einer in der Satzung zu bestimmenden Frist dem 
Verbandsvorstande gegenüber die Erklärung abgeben, daß sie auf die 
Ausübung des Gewerbebetriebs verzichten, erlischt die Mitgliedschaft; 
2. die landwirtschaftlichen Genossenschaften, die den Handel oder den Kom- 
missionshandel mit Vieh betreiben und ihren Sitzim Verbandsbezirke haben. 
Auf Antrag können Mitglieder des Verbandes werden: 
3. Fleischer die im Verbandsbezirke vom Landwirt oder Mäster Vieh kaufen 
wollen, 
4. Viehhändler und landwirtschaftliche Genossenschaften, die, ohne im Ver- 
bandsbezirk eine gewerbliche Niederlassung oder ihren Sitz zu haben, im 
Verbandsbezirke Vieh kaufen oder Kommissionshandel mit Vieh betreiben 
wollen, 
5. Viehhändler, die im Verbandsbezirk ihre gewerbliche Niederlassung haben, 
jedoch vor dem 1. Fuli 1914 Viehhandelim Hauptberufenicht getrieben haben. 
6. Landwirtschaftliche Vereinigungen (Zuchtgenossenschaften, Zuchtvieh- 
verbände), die ihren Sitz im Verbandsbezirke haben. 
§ 3. Der Ankauf von Vieh vom Landwirt oder Mäster zur Schlachtung, 
der Ankauf von Vieh zum Weiterverkauf, 
der kommissionsweise Handel mit Vieh 
ist in den Verbandsbezirken außer dem Verbande selbst nur den Verbandsmitgliedern, 
die von dem Vorstand eine Ausweiskarte erhalten haben, gestattet. 
Der nicht gewerbsmäßige Ankauf von Vieh vom Landwirt oder Mäster 
zur Schlachtung für den eigenen Bedarf, soweit er sich im örtlichen Verkehr 
!•m Versand auf der Eisenbahn abwickelt, bedingt nicht die Mitgliedschaft zum 
Verbande. 
§ 4. Rinder, Schafe und Schweine werden auf Eisenbahnen, Kleinbahnen 
und Wasserstraßen zur Beförderung nur angenommen, wenn der Versender 
entweder ¾§s als Mitglied des für die Versandstelle gebildeten Verbandes 
ausweist, 
oder eine Bescheinigung dieses Verbandes vorlegt, daß der Versand für 
dessen Rechnung erfolgt, 
oder eine Bescheinigung der Polizeibehörde des Versandorts vorlegt, daß 
der Versand gestattet ist. 
Die Ortspolizeibehörde darf diese Bescheinigung nur ausstellen, wenn es sich 
um einen Versand von Vieh aus einem landwirtschaftlichen Betrieb an einen anderen 
landwirtschaftlichen Betrieb handelt. Die Regierungspräsidenten sind befugt, auch 
in anderen Fällen aus wichtigen Gründen die Versendungserlaubnis zu erteilen. 
§ 5. Als Vieh im Sinne dieser Anordnung gelten Rinder, Schafe und Schweine- 
Durch die Satzung kann der Handel mit Kälbern im Gewicht unter 150 kg und mit 
Ferkeln und Läuferschweinen im Gewicht unter 50 kg für das Stück von dieser An- 
ordnung ausgeschlossen werden. 
§s 6. Die Satzung des Verbandes wird von dem Oberpräsidenten, in den 
Regierungsbezirken Cassel und Wiesbaden vom Regierungspräsidenten erlassen. 
§ 7. Wer entgegen der Vorschrift des § 3 dieser Anordnung unbefugt in einem 
Derbandsbezirke Vieh kauft, oder kommissionsweise Handel mit Vieh treibt, des- 
gleichen 
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