Von Gewahrsam und Besih. 347
n §. 132. Auch durch die fortgesetzte Gewahrsam wird ein solcher Besitz nicht fort-
gesetzt.
§. 133. Soll die Fortsetzung der Gewahrsam diese Wirkung haben, so muß eine
neue, mit den gesetzlichen Eigenschaften der Besitzergreifung versehene Handlung hinzu-
ommen.
S. 134. Von dem Rechte zum Besitze ist das Recht des Besitzes selbst verschieden. ##iren
§. 135. Die Wirkungen des Rechts zum Besitze sind nach der Beschaffenheit des
Titels, worauf der Besitz beruhet, zu bestimmen.
selbs * Die Rechte des Besitzes aber hängen von der Beschaffenheit des Besitzes
elbst ab.
S. 137. Der bloße Inhaber hat diejenigen Rechte, welche aus der Pflicht folgen, este und
die Sache oder das Recht zum Besten dessen, welchem der Besitz gebühne zu erhalten l. Serr
8. 138. Wer eine Sache, ohne es zu wissen, in seiner Gewahrsam hat, über- Besher#.
kommt erst, nachdem er Wissenschaft davon erhalten hat, die Pflichten eines Inhabers.
§. 139. Will er diese Pflicht nicht übermehmen, so muß er die Sache dem recht-
mäßigen Besitzer zurückstellen, oder gerichtlich niederlegen.
¾ 140. Er ist befugt und schuldig, den letzten Besitzer für den rechtmäßigen zu
halten, so lange ihm nicht das Gegentheil nachgewiesen wird 55 8).
S 141. Gegen Gewalt muß jeder Inhaber 5°7) und Besitzer geschützt werden.
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§. 142. Er ist berechtigt, Gewalt mit Gewalt abzuwehren, wenn die Hülfe des
Staats zu spät kommen würde, einen unersetzlichen Verlust abzuwenden.
§. 143. Unter gleichen Umständen kann auch der, welcher seiner Gewahrsam
oder seines Besitzes mit Gewalt entsetzt worden, sich der in den Gesetzen erlaubten Selbst-
hülfe bedienen 1). (Einleitung S§. 84. 85) 2).
8. 144. Den bloßen Inhaber kann der, in dessen Namen derselbe besitzt, der
Gewahrsam aus eigener Macht zu allen Zeiten entsetzen 57).
Gebrauche auf Zeit oder unter einer Bedingung überlassenen Sachen. Das Possessorium ist nicht
die zur Ausmachung des Streits über die Beendigung des kontraktlichen Rechtsverhältnisses in Form
der Exception und der Replik geeignete Prozeßart. Das gedachte Erk. verordnet die Beweisaufnahme
über den von dem Possessorien = Beklagten gemachten Einwand, daß die Forderung des Pfandnehmers
(Klägers) durch die vieljährige Ausuutzung des ihm eingeräumten Torsstiches getilgt sei. Also soll
das Possessorium den Rechuungs= und Desektatorienprozeß in sich ausnehmen! Das müßte einen
Muster-Possessorienprozeß geben.
*) (4. A.) Vergl. unten Anm. 1 zu §. 162 d. Tit. und oben Anmerk. 166 zu S§. 29, Tit. 6.
80 „a Diese Bestimmung hängt mit dem §. 138 zusammen, und hat mit dem Falle, wo Je-
mand auf Grund eines Kontrakte zur Gewahrsam einer Sache gelangt ist, durchaus gar nichts zu
schaffen, kann also mit den §s§. 68 und 69 ganz unmöglich in Widerspruch treten, was man, sehr
unschuldig, als eine qusestio juris aufgeworfen hat.
80 5) (3. A.) Auch der bloße Inhaber ist zur Vossessorienklage befugt, indem der s. 144 nur dem-
jenigen Fegrahberr ilt, in dessen Namen der Inhaber besitzt. Erk. des Obertr. v. 26. März 1852.
(J. M. Bl. 1854, S. 101.)
81) D. h. gegen den Vergewaltiger. Diesem kann er die Sache eigemmächtig wieder abnehmen.
Einem Dritten aber nicht. Hat also Jemand eine gestohlene Sache von dem Diebe erhalten, so darf der
Bestohlene gegen diesen keine Privatgewalt anwenden. Pr. 1158 in der Anm. 57 a. E. zu §. 96 d. T.
82) Muß heißen: „Einleitung, §§. 77 u. 78.“ R. vom 5. Mai 1834 und vom 29. Dez. 1837.
(Jahrb. Bd. XIII, S. 445 u. Bd. L. S. 460.)
83) Der Verwalter, welcher auf Geheist des Prinzipals nicht weichen will, kann von diesem durch
Privatgewalt hinausgebracht werden; denn das Koutruktsverhältniß steht nicht im Wege, weil der Herr
dasselbe zu allen Zeiten willkürlich aufheben kann, versteht sich mit Vorbehalt des Rechts des Verwal-
ters auf Emschädigung, falls er ohne Grund enrfernt worden. §. 408, Tit. 5. Pr. des Obertr. 1708,
vom 24. Jan. 1846. Verql. oben die Amm. 6 a. E. zu g. 5. — (4. A.) Auch wird vorausgesttzt, daß
der Verwalter nicht ein Retentionsrecht an dem in seiner Gewahrsam befindlichen Gegenstande aus-
üben will. Unten, Anm. 38 zu §. 165, Tit. 14. Denn die Regel des §. 144 findet allerdings nur
dann Anwendung, wenn und so lange der Inhaber seiue Deteution auf die Bewilligung seitens des
Besitzers stützt und daraus herleitet; sie greift dagegen nicht Platz, sobald die beiderseitigen Besugnisse