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Besonderes
Militärstrafgerichtsbarkeit
Prozessuales Recht
Besonderes
Bemerkungen
Preuß. G. v. 4. 6. 1851 über den Be-
lagerungszustand. Der B. kann für den
Fall eines Krieges und für den Fall eines
Aufruhrs, bei dring. Gefahr für die öff.
Sicherheit, in Kriegs= und Friedenszeiten
erklärt werden. Nach § 4 geht die vollziehende
Gewalt an den Militärbefehlshaber Thöchsten
M. des Bezirkslüber. Die Zivilverwaltungs-
und Gemeindebehörden haben den Anord-
nungen und Aufträgen der Militärbefehls-
haber Folge zu leisten. Für ihre Anord-
nungen sind die betr. M.Besehlshaber per-
sönlich verantwortlich.
Nach § 5 ist für den in BZ. erklärten Be-
zirk und für die Dauer des BZ. die Außer-
kraftsetzung der Art. 5, 6, 7, 27, 28, 29, 30
und 36 der Verf. Urkunde, oder einzelner der-
seloen zulässig. Auedrückliche Bekannt-
machung erforderlich.
§ 6. Die Militärpersonen stehen während
des B. unter den Gesetzen, die für den
Kriegszustand erteilt sind. — Auch finden auf
dieselben die S§ 8 und 9 Anwendung. IS.
oben § 9: MStG.]
88. Todesstrafe (Abs. 1: bei mild. Umst.
wahlweise 10 bis 20 j. Zuchthaus) bei vor-
sätzl. Brandstiftung, vors. Verursachung einer
lberschwemmung od. bei Angriff od. Wider-
stand gegen die bewaffnete Macht oder Ab-
geordnete der Zivil= oder Militärbehörde in
offener Gewalt u. mit Waffen od. gefährl.
Werkzeugen versehen. [Wegen Brandstifrung
u. Überschw. jetzt § 4 EGStGB. S. fe rner
Preuß. V. über Waffengebrauch v. 19· 3.
1914 III 12 am Ende.]
§9. Mit Gefängnis bis zu 1 Jahr, wenn
die Gesetze kene höhere Freiheitsstrafe be-
stimmen, wird bestraft — ebenfalls bei Be-
gehung in einem n B. erklärten Orte oder
Distrikte —, wer
a) in Bez. auf die Zahl, die Marschrichtung
od. angebliche Siege der Feinde od. Auf
rührer wissentlich falsche Gerüchte aus-
streut od. verbreitet, welche geeignet sind,
die Zivil- od. Militärbehörden hins. ihrer
Maßregeln irre zu führen, oder
b) ein bei Erklärung des B. oder während
desselben vom Militärbefehlshaber im
Int, der öff. Sicherheit erlassenes Ver-
bot übertritt, oder zu solcher U. auf-
fordert oder anreizt, oder
Die Zuständigkeit der Aus-
nahmegerichte erstreckt sich nicht
auf die unter Militärstrafgerichts-
barkeit stehenden Personen.
Der Gouverneur, Kommandant
oder sonstige Befehlshaber eines
in Kriegszustand (Belagerungs-
zustand) erklärten Ortes oder
Distriktes ist Gerichtsherr der
höheren Gerichtsbarkeit über alle
zur Besatzung gehörende Militär-
personen (ss 20, 27 MSt MO.,
dem & 7 des Preuß. G. v. 4. 6.
1851 entsprechend).
c) zu dem Verbr. des Aufruhrs,
der tätl. Widersetzlichkeit, der
Befreiung eines Gefangenen
od. zu anderen im § 8 vor-
gesehenen Verbrechen, wenn
auch ohne Erfolg, auffordert
od. anreizt, oder
d) P. des Soldatenstandes zu
Verbr. g. Subord. oder Ver-
gehungen g. die mil. Zucht
u. Ordnung zu verleiten sucht.
Preuß. G. v. 4. 6. 1851 8 10. Wird
unter Suspension des Art. 7 Vl.
lentspricht § 16 GV G.] zur Anord-
nung von Kriegsgerichten (3 Offi-
ziere, 2 vom Vorstande des Zivil-
gerichts bezeichnete richt. Zivilbeamte)
geschcitten, so gehören vor sie die
Untersuchung und Aburteilung von
Hochverrat, Landesverrat, Mord,
Aufruhr, Widersetzung, Zerstörung
von Eisenbahnen und Telegraphen,
Befreiung von Gefangenen, Meu-
terei, Raub, Plünderung, Erpressung,
Verleitung der Soldaten zur Un-
treue, und der in §§8 8 und 9 be-
drohten Verbrechen und Vergehen,
alle, insofern sie nach der Erklärung
und Bekanntmachung des B8. be-
gangene oder fortgesetzte Verbrechen
sind.
Dos Gericht erkennt auf die ge-
setzliche Strafe od. auf Freisprechung
od. auf Verweisung an den ord.
Richter.
Kein Rechtsmittel.
Die Erkenntnisse, soweit sie auf
Todesstrafe lauten, unterliegen der
Bestätigung des Militärbefehlshabers.
Vollstreckung binnen 24 Stunden
nach Verkündung des Erkenntnisses,
Todesstrafen binnen gleicher Frist
nach Bekanntm, der Bestätigung.
Die Wirksamkeit des Kriegsgerichte
hört mit der Beendigung des BZ auf.
Abgabe der noch schwebenden Unter-
suchungssachen an die ordentl. Ge-
richte.
S. ferner die nebenbez. DV. Fort-
setzurg, insb. Abänderung des G.
4. 6. 1851 S. 21.
* 16 GVG.: „Ausnahme-
gerichte sind unstatthaft. Niemand
darfseinem gesetzlichen Richter ent-
zogen werden. Die gesetzl. Be-
stimmungen über Kriegsgerichte
und Standgerichte werden hier-
von nicht berührt.“
Prcuß. V. über den Waffen-
gebrauch des Miljtärs und seine
Mitwirkung zur Unterdrückung
innerer Unruhen v. 19. 3. 1914
(DVE. 6, AVBl. S. 73) II4
Zur Unterdrückung innerer Un-
ruhen und zur Ausführung der
Gesetze ist das Militär auch ohne
Anforderungder Zivilbehörde selb-
ständig einzuschreiten befugt und
verpflichtet: a) in Gebieten, die
im Kriegs= od. BelzZustand er-
klärt w. sind; b) wenn in Fällen
dringender Gefahr für die öff.
Sicherheit die Zivilbehörde infolge
äußerer Umstände außerstande ist,
die Anforderung zu erlassen.
Ferner: Garn DV.; Felddienst-
Ordnung. Kriegsartikel.