Full text: Kriegszustand, Kriegsstrafgesetze und Gerichtsbarkeit.

  
  
  
Persönl. 
Geltungs- 
gebiet 
XX. Gesetz, betreffend die Verhaftung und Aufenthaltsbeschränkung auf Grund des s Kriegszustandes und des Belagerungszustandes 
Deutsche. Vom 4. Dezember 1916 (RG l. 1916 S. 1329). 
  
* § 1. Gegen einen Deutschen ist die Anordnung der Haft oder einer Aufenthaltsbeschränkung durch die vollziehende 
Gewalt auf Grund des Kriegs= oder Belangerungszustandes nur dann zulässig, wenn sie zur Abwendung einer Gefahr für die 
Sicherheit des Reiches erforderlich ist. 
§s 2. Der Haftbefehl ist schriftlich zu erlassen und dem Verhafteten bei der Verhaftung und, falls dies nicht möglich 
ist, unverzüglich nach der Verhaftung bekannt zu geben; auf Verlangen ist ihm eine Abschrift zu erteilen. Im Haftbefehl sind 
die der Verhaftung zugrunde liegenden Tatsachen anzugeben. 
s* 3. Gegen die Verhaftung steht dem Verhafteten jederzeit das Rechtsmittel der Beschwerde an das Reichsmilitär- 
gericht zu. Bei Zustellung des Haftbefehls ist der Verhaftete hierüber zu belehren. Das Reichsmilitärgericht entscheidet in der 
Besetzung von vier richterlichen und drei militärischen Mitgliedern. 
Das Reichsmilitärgericht kann eine mündliche Verhandlung anordnen und muß dies tun, falls der Verhaftete es 
beantragt. Es kann den Verhafteten durch einen beauftragten oder ersuchten Richter vernehmen lassen. 
#s 4. Der Verhaftete muß spätestens am Tage nach seiner Verhaftung durch einen Richter darüber vernommen 
werden, ob und welche Einwendungen er gegen seine Verhaftung zu erheben hat. 
§ 5. Der Haftbefehl ist aufzuheben, wenn sein Grund oder Zweck hinfällig geworden oder der Kriegs= oder 
Belagerungszustand aufgehoben ist, oder wenn 3 Monate nach dem Tage der Verhaftung verflossen sind. 
Die Fortdauer der Haft nach Ablauf von je 3 Monaten kann nur auf Grund einer erneuten Sachprüfung und eines 
neuen Haftbefehls angeordnet werden. lberdies muß, auch wenn eine Beschwerde nicht eingelegt ist, eine Entscheidung des 
Reichsmilitärgerichts (§ 3) über die Fortdauer der Haft herbeigeführt werden. 
§ 6. Auf die Vollstreckung der Haft finden die Vorschriften des 8 116 der Strafprozeßordnung entsprechende Anwendung. 
5J 7. Der Verhaftete kann jederzeit einen Verteidiger zuziehen. Die Vorschriften der §§ 137 Abs. 2 und 138 der 
Strafprozeßordnung finden entsprechende Anwendung. « « 
§8DerDlmtsrcchtermdessenBeztrkdteVerhaftungerfolgtistoder der Verhaftete sich befindet, kann dem 
Verhafteten auf Antrag oder von Amts wegen einen Verteidiger bestellen. Die Bestellung muß erfolgen, wenn der Verhaftete 
sie nach zweiwöchiger Dauer der Haft beantragt; über dieses Antragsrecht ist der Verhaftete bei seiner Vernehmung zu belehren. 
Die Bestellung ist zurückzunehmen, wenn demnächst ein anderer Verteidiger gewählt wird und dieser die Wahl annimmt. 
§* 9. Dem Verteidiger ist die Einsicht der über die Verhaftung erwachsenen Akten zu gestatten. Dem Verhafteten 
ist schriftlicher und mündlicher Verkehr mit dem Verteidiger gestattet. 
§*i10. Der gesetzliche Vertreter des Verhafteten und der Ehemann einer Verhafteten ist als Beistand zuzulassen und 
auf sein Verlangen zu hören. « 
§11Dce Bestimmungen der z8 2 bis 5 und 7 bis 10 dieses Gesetzes finden auf die Aufenthaltsbeschränkungen 
entsprechende Anwendung. 
§+l 12. Eine auf Grund dieses Gesetzes erlittene Haft kann in einem auf Strafe lautenden Urteil ganz oder teilweise 
zur Anrechnung gebracht werden. 
§ 13. Hebt das Reichsmilitärgericht die Haft oder Aufenthaltsbeschränkung auf, weil die Voraussetzungen ihrer An- 
ordnungen oder Aufrechthaltung nicht gegeben waren, so hat es dem Geschädigten einen Entschädigungsanspruch zuzuerkennen. 
Das Reichsmilitärgericht kann einen Entschädigungsanspruch auf Antrag auch in anderen Fällen zuerkennen, auch 
wenn es nicht selbst die Haft oder die Aufenthaltsbeschränkung aufgehoben hat. 
Der Anspruch richtet sich, wenn die Anordnung der Haft oder der Aufenthaltsbeschränkung durch einen militärischen 
Befehlshaber oder einen Reichsbeamten erfolgt ist, gegen das Reich, in anderen Fällen gegen denjenigen Bundesstaat, dessen 
Beamter die Anordnung getroffen hat. Im übrigen gelten für diesen Anspruch und seine Durchführung die Bestimmungen 
des Reichsgesetzes vom 14. Juli 1904. Die erforderlichen Ausführungsbestimmungen erläßt der Bundesrat.
	        
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