30 § 2. Religions= und Sittenlehre.
18) Nur selten werden bei einfachen Volksschulen besondere Lek-
tionen für Kirchengeschichte in Ansatz kommen können; es ist aber
hie und da versucht worden, in den Klassen, welche das 7. und 8. Schul-
jahr umfassen, zwischen Weihnachten und Ostern jedes Jahres wöchent-
lich eine der für den biblischen Unterricht angesetzten Stunden der
Kirchengeschichte zu widmen. Wo dies geschieht, wird man sich zur
Aufgabe machen müssen, nicht eine dürre Ubersicht der kirchengeschicht-
lichen Entwicklung unter Belastung der Schüler mit Namen und
Zahlen zu geben, sondern, wie die G. B. bemerken, durch besonders
lehrreiche und erbauliche Biographien, durch Schilderungen des christ-
lichen Lebens in einzelnen Zeiträumen, durch Erzählungen von wich-
tigen Außerungen des religiösen Geistes die Wirkungen des Christen-
tums am einzelnen und am ganzen in anschaulicher Wiese aufzuzeigen.
In diesem Sinne ist die Kirchengeschichte aber auch dann zu behandeln,
wenn ihr wie in der Regel eigene Lektionen nicht gewidmet werden
können. Selbstverständlich wird für alle Fälle die Geschichte der Re-
formation und das Leben der Reformatoren besondere Beachtung zu
erfahren haben.
Gleichwohl wird zuweilen „noch viel toter Stoff vorgetragen, der
die Schüler von der Bedeutung des Christentums nicht zu überzeugen
vermag. Noch wird die alte Zeit, die der Jugend fern liegt, auf Kosten
der Gegenwart bevorzugt, in welcher die Kinder einst nicht bloß als
Bürger der Gemeinde und des Staates, sondern auch als Glieder der
evangelischen Kirche leben und wirken sollen. Es wird daher bei den
kirchengeschichtlichen Unterweisungen besonders darauf hinzuarbeiten sein,
daß die älteren Schulkinder in das Verständnis des christlichen Lebens
der Gegenwart eingeführt, für die kirchlichen Bestrebungen der Zeit
(innere und äußere Mission, Bibelgesellschaften, Gustav-Adolf-Verein 2c.)
gewonnen und begeistert werden; denn sie haben zum Teil von Dingen,
die in ihrer unmittelbaren Nähe vor sich gehen, keine Ahnung oder
verkehrte Vorstellungen. Hierin kann die Schule manches tun, um
irrige Urteile zu berichtigen, Lauheit und Gleichgültigkeit zu überwinden
und zu opferfreudiger Teilnahme anzuregen. Sie kann hierbei auch das
Elternhaus günstig beeinflussen. Allerdings liegt für den Lehrer eine
gewisse Schwierigkeit darin, daß er für seine Zwecke nur wenig gut
bearbeiteten Stoff vorfindet.“ S. hierzu: Dr. Hempel, Die Kirchen-
geschichte in der Volksschule (Leipzig).
Schreyer (Entwurf 2c.) hat neuerdings empfohlen, den Katechis-
musunterricht des 8. Schuljahres so zu begrenzen, daß zum Schlusse
24 Lehrstunden auf die Behandlung folgender Abschnitte aus der
Kirchengeschichte verwendet werden können: Die Zeit der Apostel und
ihrer Schüler, die Christenverfolgungen, Verfassung und Zustand der
Kirche, Konstantin der Große, Klöster, Kirchenväter und Papst, der
Islam, Bonifazius, Ausbreitung der Kirche, Spaltung der Kirche,
die Kreuzzüge, die Macht des Papstes, Ketzer und Inquisition, Ver-
fall des Papsttums, Herolde der Reformation, die deutsche Reformation,
Ausbreitung derselben, die Schweizer Reformation, die Gegenrefor-
mation, der Pietismus und die Brüdergemeinde, Mission und Abfall,