§ 2. Religions= und Sittenlehre. 33
kommt oder gar unbeachtet bleibt, den Kindern nicht lieb gemacht,
sondern selbst verleidet. Katechismusbearbeitungen, welche im Interesse
einer mehr oder weniger systematischen Behandlung der christlichen Lehre
Unterrichtsstoffe in ihr Bereich ziehen, die außerhalb des Wort= und
Sachinhalts des Katechismus Luthers liegen, oder welche diesen nach
Gesichtspunkten gestalten, die nicht ihm selbst, sondern einem ander-
weiten Lehrsystem entnommen sind, führen daher vielfach von dem, was
gerade die spezisische Aufgabe des Katechismusunterrichts in der Volks-
schule ist, von der einfachen, klaren und zusammenhängenden Entwick-
lung des Katechismus Luthers in seinem reichen, der Fassungskraft
der Schulkinder entsprechend gestalteten Inhalte ab und muten diesen
wie den Lehrern die Lösung einer Aufgabe christlicher Lehrentwicklung
zu, welcher jene nach ihrer Fassungskraft schwerlich gewachsen sind und
welche auch den Lehrern Schwierigkeiten und Gefahren bereitet. Weil
in unseren Schulen noch zu wenig der Sach= und Wortinhalt des
Katechismus getrieben, zu wenig unterrichtlich entwickelnd durchgearbeitet
wird, weil noch zu häufig Katechismusbearbeitungen der vorbezeichneten
Art gebraucht werden, darum läßt der Katechismusunterricht noch so
viel zu wünschen übrig.“
Dem Vernehmen nach sind die vorstehenden Winke zwar nicht un-
beachtet geblieben, immerhin aber haben auch die Erfahrungen der
letzten Jahre noch zu dem Tadel Anlaß gegeben, „daß den Kindern
vieles zugemutet werde, was nicht in den Kopf und erst recht nicht in
das Herz eindringen kann“. Und es ist daher aufs neue vor „jenem
Verbalismus gewarnt worden, dessen Wurzelgeflecht die Keime religiösen
Lebens und Empfindens leicht ersticke“.
21) Die Katechismuslehre ist bekanntlich in einfachen Volksschulen
früher sehr häufig nach einjährigen, den gesamten Stoff gleichmäßig
wiederholenden Lehrkursen behandelt worden. Für die Lausitz waren
einjährige Kurse ausdrücklich vorgesehen; anderwärts folgte man gern
dem auf Veranlassung Dr. Döhners verfaßten „Zwickauer Leitfaden“,
dessen Anlage seinerzeit besonders geeignet schien, den für die reli-
giöse Bildung der Kinder so nachteiligen Folgen häufigen Schul= und
ehrerwechsels einigermaßen zu begegnen.
Fern davon, die Vorteile derartiger Jahreskurse verkennen zu wollen,
sprechen sich doch die G. B. zum größten Teile für zweijährige Lehr-
gänge aus, und zwar auf Grund der Erfahrung, daß der Katechismus-
unterricht, wenn er bei nur zwei wöchentlichen Lehrstunden innerhalb
eines Jahres gänzlich durchgenommen wird, namentlich in wenig ge-
gliederten Schulen häufig das Gepräge unwirksamer Außerlichkeit er-
halte. Der Unterricht müsse in der § 2 Pkt. 1b Abs. 2 des Lehrplanes
angeordneten Weise vertieft und fruchtbarer gestaltet werden; dazu ge-
nüge aber der kurz bemessene Raum eines Jahreskurses nicht.
Infolgedessen gibt der Lehrplan zweijährigen Kursen den
Vorzug, ohne jedoch, wenn er sie auch der Regel nach eingehalten
wissen will, die Wahl einjähriger ganz auszuschließen. Wo solche je
nach Umständen erforderlich sein sollten, da wird man also nicht nötig
haben, „sie erst zu erkämpfen“.
Lehrplan f. d. einfachen Volksschulen. 11. Aufl. 3