60 § 3. Deutsche Sprache mit Lesen und Schreiben.
Baunack (Lehrplan 2c.): „Die Besprechung der Lesestücke kann
eine beschränktere oder auch eine ausgedehntere sein; ganz ohne Be-
sprechung darf keins bleiben.“
Grüllich (Lehrplan 2c.): „Der Lehrer hat nicht unnötigerweise
zu erklären, d. h. also nicht da, wo er das Verständnis voraussetzen
kann; anderseits hat er auch je nach dem Standpunkte der Kinder bei
erklärungsbedürftigen Stellen nicht zu tief einzugehen. Er muß sich
hüten vor einer bloß verstandesmäßigen Erklärung oder grammatischen
Zerpflückung, wenn der Inhalt des Lesestückes mit auf das Gemüt
berechnet ist.“ „Das Zerpflücken des Lesestückes läßt sich oft durch
eine Vorbesprechung seines Inhalts vermeiden.“
Dr. Wild (Stoffpläne 2c., Zusätze III): „Bei dem Erklären sind
die hauptsächlichsten Gedanken, nicht bloß einzelne Wörter, den Kindern
verständlich zu machen. Die Fragen sind so einzurichten, daß sie den
Fortschritt und Zusammenhang des Gelesenen scharf treffen, alle Kinder
zum Nachdenken und Sprechen anhalten, ihren Sprachreichtum durch
die im Lesestücke auftretenden Ausdrücke und Redewendungen vergrößern,
ihre Herzen erwärmen und begeistern.“ „Bei der Besprechung von
Lesestücken sollte die Wort= und Sacherklärung nicht von der Gewinnung
der Inhaltsübersicht getrennt, sondern beides in enger Verbindung
gehalten werden.“ ·
Über die Behandlung von Gedichten bemerkt Grüllich (Zweiter
Beitrag 2c.): „Man kann folgendes kurze, aber zweckmäßige Verfahren
einschlagen: 1. Vorlesen des Gedichtes von seiten des Lehrers, indem
die Kinder still nachlesen; 2. Lesen im Chore; hierbei hält der Lehrer
auf ganz korrekte Aussprache und Betonung, dies wirkt schon mit für
das Verständnis; 3. Erklärung; 4. Einzellesen; 5. zuletzt nochmaliges
Chorlesen. Dieses Verfahren kann im allgemeinen auch für andere
Lesestücke empfohlen werden.“ Vergl. hierzu: Grüllich, Lehrplan 2c.
Baunack (Lehrplan 2c.): „Bei Besprechung von Gedichten halte
man die nötige Beschränkung und Vorsicht ein. Ein Einführen in die
dem Gedichte zugrunde liegenden Umstände wird meist nötig, mancher
bildliche Ausdruck, manches Beiwort, manche Redewendung zu erklären,
der Grundgedanke und der Aufbau des Ganzen hervorzuheben, der
Inhalt abzufragen und in Prosa wiederzugeben sein; aber dies alles
geschehe nur so weit, als es zum Verstehen und Empfinden unbedingt
notwendig ist, ohne sachliche und sprachliche Zerpflückung, Verflüchtigung,
Trockenheit und Spitzfindigkeit.“
Wie die Schüler immer dazu angehalten werden müssen, den
Inhalt der Lesestücke im Laufe der Besprechung abschnittweise und am
Schlusse derselben zusammenfassend mündlich wiederzugeben, so wird
ihnen möglichst oft auch die Aufgabe zu stellen sein, auf Grund des
Gelesenen und Besprochenen irgendeine schriftliche Arbeit zu liefern,
welche die Befestigung und Verwertung des Gelernten zum Zwecke hat.
Ungeachtet vorstehender Fingerzeige läßt die Behandlung von Lese-
stücken, namentlich von Gedichten, bisweilen auch jetzt noch zu wünschen übrig.
52) G. B.: „Von einer besonderen Literaturkunde hat die ein-
fache Volksschule abzusehen und nur in der Oberklasse beim Lesen,