Full text: Lehrplan für die einfachen Volksschulen des Königreichs Sachsen vom 5. November 1878.

60 § 3. Deutsche Sprache mit Lesen und Schreiben. 
Baunack (Lehrplan 2c.): „Die Besprechung der Lesestücke kann 
eine beschränktere oder auch eine ausgedehntere sein; ganz ohne Be- 
sprechung darf keins bleiben.“ 
Grüllich (Lehrplan 2c.): „Der Lehrer hat nicht unnötigerweise 
zu erklären, d. h. also nicht da, wo er das Verständnis voraussetzen 
kann; anderseits hat er auch je nach dem Standpunkte der Kinder bei 
erklärungsbedürftigen Stellen nicht zu tief einzugehen. Er muß sich 
hüten vor einer bloß verstandesmäßigen Erklärung oder grammatischen 
Zerpflückung, wenn der Inhalt des Lesestückes mit auf das Gemüt 
berechnet ist.“ „Das Zerpflücken des Lesestückes läßt sich oft durch 
eine Vorbesprechung seines Inhalts vermeiden.“ 
Dr. Wild (Stoffpläne 2c., Zusätze III): „Bei dem Erklären sind 
die hauptsächlichsten Gedanken, nicht bloß einzelne Wörter, den Kindern 
verständlich zu machen. Die Fragen sind so einzurichten, daß sie den 
Fortschritt und Zusammenhang des Gelesenen scharf treffen, alle Kinder 
zum Nachdenken und Sprechen anhalten, ihren Sprachreichtum durch 
die im Lesestücke auftretenden Ausdrücke und Redewendungen vergrößern, 
ihre Herzen erwärmen und begeistern.“ „Bei der Besprechung von 
Lesestücken sollte die Wort= und Sacherklärung nicht von der Gewinnung 
der Inhaltsübersicht getrennt, sondern beides in enger Verbindung 
gehalten werden.“ · 
Über die Behandlung von Gedichten bemerkt Grüllich (Zweiter 
Beitrag 2c.): „Man kann folgendes kurze, aber zweckmäßige Verfahren 
einschlagen: 1. Vorlesen des Gedichtes von seiten des Lehrers, indem 
die Kinder still nachlesen; 2. Lesen im Chore; hierbei hält der Lehrer 
auf ganz korrekte Aussprache und Betonung, dies wirkt schon mit für 
das Verständnis; 3. Erklärung; 4. Einzellesen; 5. zuletzt nochmaliges 
Chorlesen. Dieses Verfahren kann im allgemeinen auch für andere 
Lesestücke empfohlen werden.“ Vergl. hierzu: Grüllich, Lehrplan 2c. 
Baunack (Lehrplan 2c.): „Bei Besprechung von Gedichten halte 
man die nötige Beschränkung und Vorsicht ein. Ein Einführen in die 
dem Gedichte zugrunde liegenden Umstände wird meist nötig, mancher 
bildliche Ausdruck, manches Beiwort, manche Redewendung zu erklären, 
der Grundgedanke und der Aufbau des Ganzen hervorzuheben, der 
Inhalt abzufragen und in Prosa wiederzugeben sein; aber dies alles 
geschehe nur so weit, als es zum Verstehen und Empfinden unbedingt 
notwendig ist, ohne sachliche und sprachliche Zerpflückung, Verflüchtigung, 
Trockenheit und Spitzfindigkeit.“ 
Wie die Schüler immer dazu angehalten werden müssen, den 
Inhalt der Lesestücke im Laufe der Besprechung abschnittweise und am 
Schlusse derselben zusammenfassend mündlich wiederzugeben, so wird 
ihnen möglichst oft auch die Aufgabe zu stellen sein, auf Grund des 
Gelesenen und Besprochenen irgendeine schriftliche Arbeit zu liefern, 
welche die Befestigung und Verwertung des Gelernten zum Zwecke hat. 
Ungeachtet vorstehender Fingerzeige läßt die Behandlung von Lese- 
stücken, namentlich von Gedichten, bisweilen auch jetzt noch zu wünschen übrig. 
52) G. B.: „Von einer besonderen Literaturkunde hat die ein- 
fache Volksschule abzusehen und nur in der Oberklasse beim Lesen,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.