Full text: Lehrplan für die einfachen Volksschulen des Königreichs Sachsen vom 5. November 1878.

84. Rechnen. 85 
für Aufgabe durchrechnen zu lassen. Vergl. hierzu: Schreyer, Ent— 
wurf 2c.; Baunack, Lehrplan 2c. 
Namentlich berücksichtige man bei der Bildung angewandter 
Aufgaben die einfachen, in verschiedenen Formen täglich wieder- 
kehrenden Verhältnisse des Geschäftsverkehrs im Hause, auf dem Markte, 
im Kaufladen und in der Werkstatt. Auch der Realunterricht und die 
Formenlehre bieten manchen passenden Anknüpfungspunkt. Und es ist 
sehr ratsam, diese Aufgaben nach sachlichen Gesichtspunkten in 
Gruppen zusammenzuordnen. 
Ganz im Sinne vorstehender Bemerkungen wird neuerdings die 
Forderung hervorgehoben, daß die Wahl angewandter Aufgaben für 
Mädchenschulen und Mädchenklassen besonders auch nach dem Gesichts- 
punkte, den Schülerinnen eine gewisse hauswirtschaftliche Vor- 
bildung zu vermitteln, getroffen werden müsse. S. hierzu u. a.: 
Huster und Kretzschmar, das Rechnen im Haushalte (Plauen i. V.); 
auch Anmerkung 80 b, 117, 161, 164 und 195. 
Vergl.: Lehrplan für die Fortbildungsschulen c2c., §83 Abf. 4. 
98) Sehr große Zahlen sollten beim Tafelrechnen nur ausnahms- 
weise, beim Kopfrechnen gar nicht zur Anwendung kommen (6G. B.). 
. a.: Baunack, Lehrplan 2c.; Lehrpläne für die Bezirke 
Dippoldiswalde und Chemnitz I. 
98b) Ubung macht den Meister! Die Zeit, in welcher man den 
Erfolg des Volksschul-Rechenunterrichts irrtümlicherweise besonders auch 
danach beurteilen zu sollen glaubte, wie fest bei den Schülern die 
Rechenregeln saßen und wie glatt sie dieselben aufsagen konnten, ist 
vorüber. Man weiß jetzt recht wohl, daß der Schwerpunkt des Rech- 
nens nicht im Wissen, sondern im Können liegt; aber man versäumt 
es trotzdem nur allzuoft, bei der Schulpraxis die so naheliegenden 
Folgerungen. zu ziehen. Nicht theoretischen Auseinandersetzungen, sondern 
praktischen Ubungen gebührt das Vorrecht, und diese Ubungen müssen 
mit Geschick und Schneidigkeit so geleitet werden, daß die Schüler 
gern an die Arbeit gehen und bis zum Schlusse der Lektion ununter- 
brochen in lebendiger Tätigkeit bleiben. Solche Ubungen fördern 
außerordentlich und sichern dem Rechenunterrichte den besten Erfolg. 
Baunack (Lehrplan 2c.): „Man raube durch überflüssiges Dedu- 
zieren, und Demonstrieren den Kindern nicht die so notwendige Zeit 
zum Uben und die Lust zum Rechnen!“ 
99) Man verweile auf jeder dieser Rechenstufen so lange, bis die 
Gesamtleistung der Schüler jene Sicherheit gewonnen hat, ohne welche 
ein befriedigender Fortschritt zweifelhaft bleibt. Das gilt vor allem 
für die grundlegenden Stufen 1— 10, 1—20, 1— 30 cc. bis 1—100, 
auf denen sich die Rechenübungen während der ersten drei Schuljahre 
ausschließlich zu bewegen haben (G. B.). 
Grüllich (Beitrag 2c.): „Die Zahlenräume von 1—10 und 1—100 
sind mit der peinlichsten Sorgfalt zu bearbeiten, so daß die Kinder 
hier in den Grundoperationen ganz sicher werden und endlich die Auf- 
lösungen (nicht bloß beim Einmaleins) blitzschnell, wie mechanisch geben.“
	        
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