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sprechenden Organe gefordert und durchgeführt worden, so-
daß die Verwaltungsgerichtsbarkeit immer mehr an Umfang
zugenommen habe. Er weist auf England hin, wo ja, wie be-
reits erwöhnt, die Entscheidung über die Gültigkeit bestrittener
Parlamentswahlen an einen Gerichtshof übergegangen ist#.
— Jellineks Kritik an der parlamentarischen Legitimations-
prüfung folgte mit größerer Schärfe und noch größerem Miß-
trauen gegen die Parlamente Dr. Heinrich Jacques in seiner
Schrift „Die Wahlprüfung in den modernen Staaten und ein
Wablprüfungsgerichtshof in Osterreich.“ Jacques selbst wurde
im österreichischen Abgeordnetenhause für seinen Plan tätig,
ohne jedoch eine endgültige Entscheidung darüber zu erzielen.
Beide haben viele Angyänger gefunden, darunter vor
allen, von Seydel und Laband. Besonderes letzterer trat wie-
derholt für die Einführung der richterlichen Legitimations-
prüfung mit Nachdruck ein?). In neuerer Zeit ist z. B. Stephan
von Csekey für die Übertragung an einen Verwaltungsgerichts-
hof eingetretens).
Gegen Jellineks Forderung wandte sich unter anderem
Zorn"). Dieser hält die Konstruktion, dem Gewählten stehe ein
subjektives Recht zu, jedoch nur, wenn ein Gericht den Streit
darüber zu entscheiden habe, andernfalls sei nur ein „Refleg
objektiven Rechtes“ vorhanden, nicht für möglich, ohne jedoch
diese Unmöglichkeit zu begründen.
In Deutschland haben sich die gesetzgebenden Organe
diesen Wünschen gegenüber bis zur Revolution recht passiv
verhalten. Wo diesbezügliche Anträge eingebracht wurden,
erfuhren sie eine starke Ablehnung.
S0dp einleuchtend die Begründungen der Verfechter der
richterlichen Legitimationsprüfung auch sein mögen, Tatsache
1) Jellinek Allg. Staatsl. S. 614.
2) Zuerst in seiner Besprechung der Forderung Jellinek's und
Jacaues' Archiv des öffentl. Rechts Bd. I, S. 226ff.
3) v. Cseken S. 468.
4) Zorn, Deutsch. Staatsr. S. 229, Anm. 21.