286 PHos deulsche Reich und selne eintelnen Glieder. (Nov. 289—26.)
Es ist berechnet worden, daß Bayern allein, falls es den Vorschriften des
Entwurfs über die räumlichen Eineichtungen der Gesangenen= und Strafan-
stalten nachkommen wollte, über 20 Millionen aufzuwenden haben würde,
und daß Württemberg und andere Bundesstaaten verhältnißmäßig eben so
grobe finanzielle Opser bringen müßten. Auf den Antrag der bayerischen und
württembergischen Berollmächtigten hat deßhalb der Bundesrath die gedachte
Bestimmung dahin abgeändert, daß in der Negel“ (also nicht obligatorisch)
die Zuchthausgefangenen während der ersten drei Monate ihrer Strafver-
büßung in Einzelhaft zu halten seien, daß dagegen in allen den Fällen, in
welchen die vorgesetzte Behörde nach der Individualität des Gefangenen be-
findet, daß derselbe ohne fttlichen Nachtheil für die übrigen Gefangenen in
gemeinsamer Haft gehalten werden könne, es freistehen soll, ihn bereits vor
lonaten oder unter Umständen auch sofort mit dem Antritt der Straf-
deh,shiou zu gemeinsamer Hast mit anderen Sträflingen zu bringen. Aus
wesenklich gleichen Motiven hat der Bundesrath dem Entwurf die Bestim-
mung eingefügt, daß die Ausführung der im Geseb vorgeschriebenen Einricht-
ungen der Gefangenen= und Strafanslalten in den einzelnen Bundesstaaten,
nach Lage der Verhältnisse in jedem dieser Staaten, der Entscheidung des
Bundesrathes unterliegen solle. Die Vorlage der Neichsregierung hatte diese
Cntscheidung der Reichsjustizverwaltung übertragen. Die dritte wesentliche
Abänderung erfuhr die Reichsregierungs-Vorlage durch die Streichung des
Paragraphen über die Reichskontrole. Nach dieser Bestimmung follte durch
eine von der Reichsregierung zu bildende Commission die einheitliche Ans-
führung der Einrichtungen in den deutschen Gefangenen= und Strafanstalten
durch Inspizirungen überwacht werden.
23. November. (Bayern.) II. Kammer: 7 Mitglieder der
äußersten ultramontanen Rechten beantragen, das durch kgl. Ver-
ordnung vom 9. Juli 1856 eingeführte siebente Schuljahr wieder
aufzuheben.
24. November. (Preußen.) Abg.-Haus: Eisenbahncommission:
Nachdem dieselbe bereits den Ankauf der Berlin- Stettiner, der Köln-
Mindener und der Magdeburg-Halberstadter-Bahn genehmigt hat,
genehmigt sie schließlich mit 13 gegen 8 Stimmen auch noch den
Ankauf der Hannover-Altenbecker-Bahn.
Während bei den 3 ersten Bahnen von den Regierungscommissarien
der Nachweis geleistet worden war, daß der Staat an dem Erwerb ein gutes
Gescheit mache, müssen sie bei dieser vierten Bahn zugeben, daß es nicht der
sei. Aber um die Bahn Magdeburg-Halberstadt zu bekommen, muß
H vertragsmäßig mit in den Kauf genommen werden.
25. November. (Deutsches Reich.) Die Unterhandlungen
zwischen deutschen und österreichischen Delegirten in Berlin über eine
Verlängerung des bestehenden Handels= resp. Meistbegünstigungs-
vertrags zwischen beiden Staaten sind gescheitert.
26. November. (Preußen.) Abg.-Haus: Berathung eines
Antrags v. Schorlemer-Alst, betreffend die Vererbung der Landgüter
in Westphalen.
v. Schorlemer führt aus, der Antrag bezwecke die Erhaltung des
mitleren Grundbesihers, besonders der Bauerngüter, welche Gefahr liefen,