18. Gegen die Zuchtlosigkeit der Ingendlichen.
Stellv. Genfdo. XI. A.-K.
Ib. 25 575/15.
Die mehrfach beobachtete Zuchtlosigkeit der Jugend-
lichen bedeutet eine in der jetigen Kriegszeit doppelt eruste
Gefahr für unser Vaterland. Ihr zu steuern, muß mit
allen zu Gebote stehenden Mitteln versucht werden.
Ich habe zu utigen
beiliegende Verordnung erlassen, verkenne jedoch nicht, daß
sie allein nicht imstande sein kann, vorhandene Schäden
auszumerzen.
diesem Zwecke am heutigen Tage die
Dazu bedarf es vielmehr der freiwilligen
und selbstlosen Mitarbeit der Jugendlichen selbst, wie der
ist notwendig, daß Spielplätze und Jugendheime in hin-
gesamten Bevölkerung.
Ich habe mich daher in dem beiliegenden Aufruf') an
die Jugend gewendet, und wende mich nun an die Eltern
— besonders die Mütter — an die Vormünder und deren
Stellvertreter, daß sie ihrer Pflicht gegen das Vaterland
eingedenk bleiben und das heranwachsende Geschlecht in
Gottesfurcht, Zucht und Arbeitsamkeit erziehen, ohne ihm
dabei die Frische und Lebensfreude zu verkümmern, derer
die Jugend zu ihrem Gedeihen nicht entraten kann.
Ich wende mich ferner an die Jugenderzieher und
an die Beamten der öffentlichen Sicherheit mit dem Er-
suchen, in sorgsamer Überwachung der Jugend nicht nach-
zulassen. Es gilt, wirkliche Verfehlungen der verdienten
Bestrafung zuzuführen, und zu verhindern, daß unter den
Jugendlichen die Zungengewandten und die körperlich
Starken, aber sittlich Unbekümmerten die Führerrolle an
sich reißen, wie es leider nur allzu oft geschieht.
Das Hauptgewicht bei dem Kampf gegen die Jugend-
verwahrlosung muß aber nicht auf Abwehrverbote gelegt
werden, sondern auf aufbauende Maßnahmen. Es führt
zu nichts, der Ingend lediglich eine Anzahl verderblicher,
aber bei ihr allgemein beliebter Vergnügungen zu ver-
) Kommt hler nicht mit zum Abdruck.
Geht zu:
I. Den Oberpräsidien zur gefalligen Kenntnisnahme.
II. Den Staatsministerien, Ministerien, Landesregierung
Greiz, Landesdirektion Arolsen und Regierungen zur
gefälligen Kenntnisnahme und mit der Bitte, die
Bestrebungen der Jugendpflege in möglichst weit-
gehendem Maße unterstüten zu wollen.
Empfohlen wird die Schaffung von Jugend-Aus-
schüssen, in denen Bürger aller Kreise in gemeinsamer
« Zusammenarbeit wirken. — Schon bestehende Ver-
bände sollen nicht beeinträchtigt werden; vielmehr wäre
es zu begrüßen, wenn sie zu gemeinsamer Arbeit
auf allgemein vaterländischer Grundlage die Hand
bieten und ihre Erfahrung in den Dienst der Sache
stellen.
Das stellov. Generalkommando erbittet zum I. 12. 1915
eine Mitteilung darüber, was im dortigen Ver-
walskungsbereich ins Werk gesetzt werden konnte.
Zum gleichen Zeitpunkt wird eine Mitteilung
darüber erbeten, in welcher Weise die Jugendlichen-
Vorstellungen an den Lichtspiel-Schaubühnen geregelt
Cassel, den 1. 10. 1915.
sagen, wenn man ihr dafür einen guten Ersat nicht bietet.
Man muß die Jugend nicht nur von Schädlichem fern-
halten, sondern ihr auch Wertvolles nahe bringen.
Ich richte deshalb das dringende Ersuchen an die
Schulverwaltungen und die Dienststellen der Selbst-
verwaltungsverbände, sich der heranwachsenden Jugend
in weitgehendem Maße anzunehmen, daß sie feste Ein-
richtungen schaffen für Turnen, Spiel und Wanderung,
für belehrende und unterhaltende Veranstaltungen. Es
reichender Zahl und Größe zu beliebiger, unentgeltlicher
Benutzung offenstehen. Die Aufsicht kann wenigen Personen
aus allen Kreisen der Vevölkerung ehrenamtlich übertragen
werden, wenn sie nur für den Umgang mit der Ingend.
Verständnis, Geschick und ein warmes Herz mitbringen.
Ihnen wird es ein Leichtes sein, bei der Verwaltung ge-
meinnütziger Güter die Mitverantwortlichkeit der Jugend
zu wecken.
In größeren Städten würde es mit Dank zu be-
grüßen sein, wenn in den Schaubühnen und Musiksälen
recht viele Volksdarbietungen für die Jugend stattfinden
könnten — entweder unentgeltlich o doch zu einem
niedrigen Preise, etwa dem Einheitssatze von 10 Pfennigen.
Die Geldmittel, deren es für die Jugendpflege be-
darf, sind verhältnismäßig gering; auch darf man ver-
trauen, daß in der jeßigen Zeit sich jugendfreundlich
gesinnte Geber finden werden, für dieses wertvolle, vater-
ländische Werk zu spenden.
Die Aufgabe, um die es sich hier handelt, ist groß
und wichtig.
Es handelt sich um unseres deutschen Volkes Zukunft.
Der Kommandierende General
von Haugwitz,
General der Infanterie.
wurden. Erwünscht ist, daß damit niedere Beamte-
nicht befaßt werden, und daß man dabei ohne eng-
herzige Zimperlichkeit, aber auch ohne schwächliche
Nachsicht verfahre.
Besondere Maßnahmen zur Unterdrückung der
Schundmachwerke des Büchermarktes bleiben vor-
behalten.
Der Erlaß Sr. Erzellenz des Kommandierenden
Herrn Generals an die Jugend würde zweckmäßig.
durch geeignete Personen den Jugendlichen unmittel-
bar und mündlich in einer angemessen erscheinenden,
eindringlichen Weise mitzuteilen sein; erst dann wäre
er öffentlich bekannt zu machen durch Anschlag in
den Schulen, Turnhallen, Jugendheimen. Nachdem
eine solche Belehrung der Jugendlichen stattgesunden
hat. ist der vorstehende Erlaß des Kommandierenden
Herrn Generals nebst Anlagen der Presse zur Ver-
öffentlichung zu übergeben.
. Den Garnisonkommandos zur Kenntnis und Mit-
teilung an die höheren Stäbe, Truppenteile und
Militärbehörden. Soweit der Dienst es zuläßt, sind
die Bestrebungen der Jugendpflege mit allen Mitteln
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