Generalkommando
XX. Armeekorps.
Abt. II.
Allenstein, den 5. September 1914.
Außerkraftsetzung des Artikel 7 Preuß.
Verfassung für 6 weitere Kreise.
Bekanntmachung.
Im Anschluß an meine Bekanntmachung über den Kriegszustand setze ich nunmehr
auch für die Kreise Braunsberg, Heiligenbeil, Pr. Holland, Mohrungen und Elbing Stadt
und Land den Artikel 7 der Preuß. Verfassungsurkunde vom 31. Jannar 1850 außer Kraft.
Es wird zur Anordnung von Kriegsgerichten geschritten werden. Vor diese gehört
die Untersuchung und Aburteilung der Verbrechen des Hochverrats, des Landesverrats, des
Mordes, des Aufruhrs, der tätlichen Widersetzung, der Zerstörung von Eisenbahnen und Tele-
graphen, der Befreiung von Gefangenen, der Menterei, des Raubes, der Plünderung, der Er-
pressung, der Verleitung der Soldaten zur Untreue und der in den §§ 8 und 9 des Gesetzes
über den Kriegs-(Belagerungs-) Zustand vom 4. 6. 1851 mit Strafe bedrohten Verbrechen und
Vergehen, insofern alle genannten Verbrechen und Vergehen nach der Erklärung und Bekannt-
machung des Belagerungszustandes begangen oder fortgesetzte Verbrechen sind.
Das vorerwähnte Gesetz bestimmt in:
§ §. Wer in einem in Belagerungszustand erklärten Orte oder Distrikte der vorsätz-
lichen Brandstiftung, der vorsätzlichen Verursachung einer Ueberschwemmung oder des Angriffs
oder des Widerstandes gegen die bewaffnete Macht oder Abgeordnete der Zivil= oder Militär-
behörde in offener Gewalt und mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen versehen sich schuldig
macht, wird mit dem Tode bestraft.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann statt der Todesstrafe auf zehn= bis
zwanzigjährige Zuchthausstrafe erkannt werden
§ 9. Wer in einem in Belagerungszustand erklärten Orte oder Distrikte
af) in Beziehung auf die Zahl, die Marschrichtung oder angebliche Siege der Feinde oder
Aufrührer wissentlich falsche Gerüchte ausstreut oder verbreitet, welche geeignet sind, die
Zivil= oder Militärbehörden hinsichtlich ihrer Maßregeln irre zu führen, oder
b) ein bei Erklärung des Belagerungszustandes oder während desselben vom Militärbefehls-
haber im Interesse der öffentlichen Sicherheit erlassenes Verbot übertritt oder zu solcher
Uebertretung auffordert oder anreizt, oder
Jc) zu dem Verbrechen des Aufruhrs, der tätlichen Widersetzlichkeit, der Befreiung eines Ge-
fangenen oder zu anderen im § 8 vorgesehenen Verbrechen, wenn auch ohne Erfolg, auf.
fordert oder anreizt, oder
d) Personen des Soldatenstandes zu Verbrechen gegen die Subordination oder Vergehungen
gegen die militärische Zucht und Ordnung zu verleiten sucht,
soll, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe bestimmen, mit Gefängnis bis zu
einem Jahre bestraft werden.
Der Kommandierende General XX. Armeekorps
v. Scholtz.
Stellv. Generalkommando
XX. Armeekorps. Allenstein, den 23. August 1915.
Abt. IIIa Nr. 2788 T. U.
Bekanntmachung.
Indem ich im Anschlusse an die Bekanntmachung des Kommandierenden Generals
des XX. Armeekorps vom 31. 7. 1914, wonach der Bezirk des XX. Armeekorps in Kriegs-
zustand erklärt ist, nunmehr für den ganzen Korpsbereich die Artikel 5, 6, 7, 27, 28, 29,
30 und 36 der Preußischen Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850 auf die Dauer
des Kriegszustandes außer Kraft setze, verordne ich im Interesse der öffentlichen Sicherheit
wie folgt:
* 17.
Oeffentliche Versammlungen in geschlossenen Räumen zu anderen als rein geselligen oder kirchlichen
Zwecken bedürfen der Genehmigung des stellv. Generalkommandos. Jede Teilnahme an einer solchen Versammlung
ist verboten, wenn sich der Versammlungsleiter nicht im Besitze einer schriftlichen Erlaubnis des stellv. General=
kommandos befindet. 6
Die Genehmigung ist von dem Veranftalter mindestens 48 Stunden vor dem Beginne der Versamm-
lung unter Angabe des Ortes, der Zeit und des Gegenstandes der Versammlung nachzusuchen. Sie wird schriftlich
erteilt; im Falle der Verweigerung ergeht an den Veranstalter alsbald ein kostenfreier Bescheid.
Den Ortspolizeibehörden, die vom stellv. Generalkommando über die erteilte Genehmigung sofort in
Kenntnis gesetzt werden, steht die Ueberwachungs= und Auflösungs-Befugnis bezw. Pflicht zu. Die Auflösung
hat insbesondere zu erfolgen, wenn Ausführungen gemacht werden, durch die die Einigkeit des deutschen Volkes
gestört wird oder die eine Aufreizung der einzelnen Bevölkerungsklassen gegen einander oder gegen die Staats-
oder die Kommunalverwaltungen enthalten.
*!) Die neue Fassung des § 1 vgl. unmittelbar nachfolgende Verordnung vom 28. August 1916.
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