Stellv. Generalkommando
XX. Armeekorps. Allenstein, den 16. Juni 1915.
Abt. IIla Nr. 30997/1789 T. L.
Verborgenhalten von Kriegsgefangenen.
Bekanntmachung.
Für den Korpsbereich desl-XX. Armeekorps verordne ich wie folgt:
Es wird hiermit verboten, entwichene Kriegegefangene oder entwichene Zivilgefangene
feindlicher Länder aufzunehmen, verborgen zu halten, zu verpflegen oder sie sonst auf irgend
eine Weise mit Rat oder Tat bei ihrem unbefugten Fernbleiben von der Ueberwachungsstelle,
der sie zugewiesen sind, zu unterstützen.
Wer von dem Aufenthalt eines solchen Gefangenen Kenntnis hat, ist verpflichtet, hier-
von der nächsten Polizeibehörde oder dem nächsten Gemeindevorsteher Mitteilung zu machen.
Zuwiderhandlungen werden gemäß § 9b des Gesetzes vom 4. Juni 1851 mit Ge-
fängnis bis zu einem Jahre bestraft, falls nicht nach den allgemeinen Strafgesetzen, insbesondere
auf Grund der §§ 120, 121, 257 Reichsstrafgesetzbuchs eine höhere Strafe eintritt.
Der Versuch der Uebertretung dieses Verbots unterliegt ebenfalls der Bestrafung.
Das Verbot tritt mit dem Tage der Verkündung in Kraft.
Der Kommandierende General
Graf v. Schlieffen
General der Kavallerie.
Stellv. Generalkommando
XX. Armeekorps. Allenstein und Lötzen, den 20. Juni 1917.
Abt. III# Nr. 3134 I. U.
Verkehr mit Kriegsgefangenen.
Bekanntmachung.
Im Interesse der öffentlichen Sicherheit wird für den Bereich des XX. Armeekorps
und der Feste Boyen bestimmt:
1.
Soweit nicht durch die Arbeitsbeschäftigung bedingt, ist jede Annäherung an Kriegs-
gefangene, jeder mündliche oder schriftliche Verkehr mit ihnen sowie die Empfangnahme oder
Beförderung schriftlicher Mitteilungen von Kriegsgefangenen, insbesondere von Briefen oder
Postkarten, und die Verständigung mit ihnen durch Zeichen oder auf andere Weise verboten.
Jedes unbefugte Betreten eines Gefangenenlagers, der Unterkunftsstellen und Arbeits-
stätten Kriegsgefangener ist untersagt.
Niemand darf Kriegsgefangenen unbefugt d. h. ohne Erlaubnis des zuständigen Be-
wachungsoffiziers:
a) Kleidungsstücke,
5) Lebens= oder Genußmittel (Tabak, Zigarren, Zigaretten usw.),
c) Geld,
d) Streichhölzer, Feuerzeuge oder sonstige Zündstoffe und feuergefährliche Gegenstände,
e) Waffen und Werkzeuge, namentlich solche, welche zur Ausführung der Flucht benutzt
werden können,
verabreichen oder ihnen zur Beschaffung der zu a bis e aufgeführten Gegenstände behilflich
sein, insbesondere ihnen solche Gegenstände heimlich zustecken oder zuwerfen.
Der Verkauf von Kleidunasstücken, Lebens= und Genußmitteln an Kriegsgefangene darf
außerdem nur im Beisein eines Wachtmannes und mit dessen ausdrücklicher Genehmigung stattfinden.
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Die Veräußerung von Goldsachen irgendwelcher Art an Kriegsgefangene — Militär-
oder Zivilgefangene — wird sowohl an dem Erwerber wie an dem Veräußerer unter Einziehung
der Sachen bestraft.
4.
Kriegsgefangenen darf niemand ohne Erlaubnis des Bewachungsoffiziers innerhalb
oder außerhalb von Gast= und Schankwirtschaften alkoholische Getränke entgeltlich oder unentgeltlich
ie (ibsern. offenen oder geschlossenen Flaschen oder in sonstigen Gefäßen zukommen lassen oder
esorgen
Gast= und Schankwirte dürfen den Aufenthalt von Kriegsgefangenen in ihren Räumen,
soweit er nicht durch die Arbeitsbeschäftigung bedingt ist, nicht dulden.
5.
Zuwiderhandlungen werden, sofern die bestehenden Gesetze keine höheren Strafen an-
drohen, auf Grund des § 9b des Gesetzes vom 4. Juni 1851 mit Gefängnis bis zu einem
Jahre und beim Vorliegen mildernder Umstände nach § 1 des Gesetzes vom 11. Dezember 1915
mit Haft oder mit Geldstrafe bis zu 1500 Mark bestraft.
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