Stellv. Generalkommando
XX. Armeekorps. Allenstein, den 17. Dezember 1914.
Verbreitung falscher Gerüchte und
deutschfeindliche Kundgebungen.
Bekanntmachung.
In Ergänzung des § 9a des Gesetzes vom 4. Juni 18517) bestimme ich gemäß § 9b
des angeführten Gesetzes:
Jede deutschfeindliche Kundgebung und jede Verbreitung unwahrer Nachrichten über
den Krieg und die politischen Verhältnisse ist verboten.
Wer sich einer deutschfeindlichen Kundgebung — öffentlich oder nichtöffentlich —
schuldig macht, ferner wer böswillig oder fahrlässig unwahre Nachrichten über den Krieg oder
die politischen Verhältnisse behauptet oder verbreitet oder zur Zuwiderhandlung gegen das er-
lassene Verbot auffordert oder anreizt, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre bestraft, sofern
nach den bestehenden Gesetzen nicht höhere Strafen verwirkt sind.
Diese Verordnung tritt mit ihrer Bekanntmachung in Kraft.
Der Stellv. Kommandierende General des XX. Armeekorps
Graf v. Schlieffen.
General der Kavallerie.
*) Vgl. S. 3 Nr. 4.
Stellv. Generalkommando
XX. Armeekorps. Allenstein, den 18. Januar 1915.
Abt. IILa Nr. 805/68 I. LU.
Berichterstatter auf dem östlichen Kriegsschauplatz.
Verordnung.
1.
Zum Schutze des Reichs gegen Gefährdung durch falsche oder sensationelle Berichter—
stattung sowie durch sensationelle Bildwerke wird im Interesse der öffentlichen Sicherheit
folgendes angeordnet:
Berichterstattern, die sich ohne Erlaubnis des stellv. Generalstabes der Armee auf
dem östlichen Kriegsschauplatz (Operations= und Etappengebiet) innerhalb des Korpsbezirks des
XX. Armeekorps hinter der Front der Truppen aufhalten, wird es verboten, Nachrichten über
Truppen, Kriegslage oder sonstige den Krieg betreffende Begebenheiten und Angelegenheiten
auf Grund eigener Beobachtung, Mitteilung anderer Personen oder von Gerüchten zu verbreiten
oder zu veröffentlichen, gleichgültig, ob sie sich auf Deutschland oder einen fremden Staat beziehen,
sowie sich zu dem Zwecke des Erwerbes und der Verwendung von Nachrichten angegebener
Art auf dem Kriegsschauplatz zu bewegen.
Ebensowenig dürfen auf dem Kriegsschauplatz befindliche Maler und Zeichner ohne
die vorerwähnte Erlaubnis Zeichnungen oder sonstige Bildwerke anfertigen, verbreiten oder ver-
öffentlichen, die Truppen, kriegerische Angelegenheiten und Vorgänge oder örtliche Gegenstände,
insbesondere Verwüstungen, betreffen.
Unter der gleichen Voraussetzung ist Photographen, und zwar auch denjenigen, die
kinematographische Bilder anfertigen, die Aufnahme von Bildern jeder Art, ihre Verbreitung
und Veröffentlichung verboten. Personen vorbezeichneter Art, die sich ohne Erlaubnis des stellv.
Generalstabes der Armee trotz obigen Verbots zu den angegebenen Zwecken auf dem Kriegs-
schauplatz bewegen, müssen sich über ihre Persönlichkeit durch einen Paß, eine Paßkarte oder ein
sonstiges amtliches Legitimationspapier auf Erfordern ausweisen.
Erfolgt wegen verbotswidrigen Verhaltens nach den angegebenen Richtungen im Interesse
der öffentlichen Sicherheit die Ausweisung einer der vorbezeichneten Personen aus dem Gebiete
des Kriegsschauplatzes, so darf dieses Gebiet während der Dauer des Krieges von ihr nicht
wieder betreten werden.
Zuwiderhandlungen gegen diese Vorschriften sind gemäß § 9b des Gesetzes vom
4. Juni 1851 über den Belagerungszustand mit Gefängnis bis zu einem Jahre strafbar, wenn
andere Gesetze nicht eine höhere Strafe bestimmen, wobei besonders auf das Gesetz vom
3. Juni 1914 über den Verrat militärischer Geheimnisse und die Bekanntmachung des Reichs-
kanzlers betr. das Verbot von Veröffentlichungen über die Truppenbewegungen und Ver-
teidigungemittel vom 31. Juli 1914 verwiesen wird.