112 V ierter Abschnitt: Die Organisation des Reiches. $ 14
2. Mit Anspruch auf Pension und Amtstitel, sogen.
Versetzung in den Ruhestand.
a)Auf Antrag des Beamten. Jeder Reichsbeamte, welcher sein
Diensteinkommen aus der Reichskasse bezieht, ist berechtigt, seine Pensionie-
rung zu verlangen, wenn er nach einer Dienstzeit von wenigstens 10 Jahren
entweder infolge eines körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche seiner
körperlichen oder geistigen Kräfte zur Erfüllung seiner Amtspflichten dauernd
unfähig wird !) oder das 65. Lebensjahr vollendet hat ?2). Schon vor Ablauf
einer zehnjährigen Dienstzeit kann der Reichsbeamte seine Pensionierung ver-
langen, wenn die Dienstunfähigkeit infolge einer Dienstbeschädigung einge-
treten ist °). Ueber das Verlangen des Beamten entscheidet mit Ausschluss
des Rechtsweges die oberste Reichsbehörde *). Ohne Nachweis der Dienst-
unfähigkeit kann jederzeit die Entlassung gefordert werden vom Reichs-
kanzler, dem kaiserlichen Statthalter, den Staatssekretären, sowie den Unter-
staatssekretären im Ministerium für Els.-Lothringen. Sie haben einen Pensions-
anspruch, wenn sie mindestens 2 Jahre das betreffende Amt bekleidet haben °).
b) Von Seiten der Reichsregierung kann, abgesehen von
den oben erwähnten Beamten, die jederzeit entlassen werden können, ein
Reichsbeamter wider seinen Willen nur dann pensioniert werden, wenn er
durch ein körperliches oder geistiges Gebrechen zur Erfüllung seiner Amts-
pflichten dauernd unfähig ist *). Ferner kann ein Beamter, welcher das 65.
Lebensjahr vollendet hat und von seinem Recht auf Versetzung in den Ruhe-
stand keinen Gebrauch macht, wider seinen Willen von der Reichsregierung
pensioniert werden; nach Anhörung des Beamten wird dasselbe Verfahren
beobachtet, wie wenn der Beamte seine Pensionierung selbst beantragt hätte ?).
Erhebt der Beamte Widerspruch, so findet ein verwaltungsgerichtliches Ver-
fahren mit Ausschluss des Rechtsweges statt. Die Entscheidung erfolgt in
betreff derjenigen Beamten, welche eine Kaiserliche Bestallung erhalten ha-
ben, vom Kaiser im Einvernehmen mit dem Bundesrate; in betreff der übri-
gen Beamten von der obersten Reichsbehörde, gegen deren Entscheidung
dem Beamten der Rekurs an den Bundesrat zusteht ®).
VIII. Hinsichtlich der rechtlichen Verhältnisse der Reichsbeamten,
welche nicht durch das Dienstverhältnis selbst begründet sind, hat das Reichs-
beamtengesetz $ 19 den Grundsatz festgestellt, dass sie nach denselben
Rechtsvorschriften zu beurteilen sind, welche an ihren Wohnorten für die
Staatsbeamten gelten. Durch das BGB. und die Civilprozessordnung sind die
Verschiedenheiten, welche in Hinsicht auf das bürgerliche Recht und die
Rechtsverfolgung unter den Landesgesetzen bestanden haben, ausgeglichen
w orden.
1) RBG. $3
2) RBG. $ 310. — 3) RBG. $ 36.
4) RBG. $ 51. — 5) RBG. $ 35.
6) RBQ. $ 61.
7) RBG. $ 60a. Auf die Mitglieder des Reichsgerichts findet diese Bestimmung
keine Anwendung.
8) RBG. $ 4 ff. Für die im $ 158 dieses Gesetzes aufgeführten Reichsbeamten
bestehen spezielle Vorschriften.