$& 19 Die Formen der Verwaltungsakte. 155
den allgemeinen Grundsätzen des Privatrechts zu beurteilen, sofern nicht
dieselben durch spezielle zugunsten des Fiskus eingeführte Rechtssätze mo-
difiziert sind. Ein sehr grosser Teil der gesamten Verwaltungstätigkeit des
Staates steht demnach nicht unter eigentümlichen staatsrechtlichen Regeln,
sondern unter denen des Privatrechts und Zivilprozesses.
Stastsrechliche Prinzipien kommen nur zur Anwendung hinsichtlich
des Subjekts, welches den Vertrag für den Staat schliesst, d. h. hin-
sichtlich seiner Vertretungsbefugnis. Dieselbe hängt davon ab,
dass derjenige, welcher im Namen des Staates den Vertrag abgeschlossen hat,
in rechtsgültiger Weise zur Führung des betreffenden Amtes berufen (ange-
stellt) worden ist und dass der von ihm abgeschlossene Vertrag zum Geschäfts-
kreis (Kompetenz) des von ihm verwalteten Amtes gehört. Hinsichtlich des
Inhalts der Verträge, welche zum Zwecke der Staatsverwaltung geschlos-
sen werden, gilt prinzipiell der allgemeine Grundsatz des Verkehrsrechts,
dass die Kontrahenten volle Freiheit haben, innerhalb der gesetzlichen Schran-
ken zu vereinbaren, was ihnen beliebt. Gerade an den unzähligen Verträgen,
welche die Verwaltungsbehörden abzuschliessen veranlasst sind, wird es deut-
lich, dass die Verwaltungstätigkeit nicht Anwendung oder Vollziehung der
Gesetze ist; der Staat schliesst vielmehr diese Verträge mit derselben Hand-
lungsfreiheit ab wie jedes andere Rechtssubjekt und die Behörden, welche
zur Verwaltung der Staatsgeschäfte berufen sind, haben bei der Vereinba-
rung der Vertragsbedingungen der Regel nach keine andere Stellung, wie sie
die geschäftsführenden Organe juristischer Personen überhaupt haben. Aus-
nahmsweise aber kann der Inhalt der Verträge durch Gesetz oder Verordnung
so fest vorgeschrieben sein, dass die Verwaltungsbehörden die Verträge nach
einer genau bestimmten Schablone abschliessen müssen. Diese Ausnahmen
beruhen teils auf dem finanziellen Interesse des Staates, teils auf der Für-
sorge für die Wohlfahrt des Volkes. Ein besonders anschauliches Beispiel bie-
ten die Verwaltungen der Verkehrsanstalten, deren einzelne, in unzähligen
Fällen abzuschliessenden Verträge einen vollkommen stereotypen Inhalt
haben.
2. Die Verfügungistdaseinseitige Rechtsgeschäft des öffent-
lichen Rechts; sie ist ein Willensakt der Verwaltung, durch welchen ein ein-
zelner oder eine Summe einzelner Fälle in der vom Gesetz abstrakt geregelten
Weise geordnet wird. Die Verfügung schafft keine Rechtssätze, sondern
Rechts verhältnisse; sie begründet konkrete, subjektive Pflichten und
ist Ausübung subjektiver Rechtsbefugnisse. Der Inhalt der Verfügung kann
ein ebenso mannigfacher sein, wie derjenige der Gesetze und auch auf ihn
lässt sich die Einteilung anwenden, welche oben S. 132 vom Gesetzesinhalt
erwähnt worden ist, imperare, vetare, permittere, punire, d. h. ein auf einen
oder mehrere konkrete Fälle gerichtetes Gebot oder Verbot, eine Er-
mächtigung (Konzession), oder eine Entziehung oder Gebrauchsbeschrän-
kung. Die Verfügung kann auch sachlich eine Entscheidung sein; dahin ge-
hören die von den Verwaltungsbehörden erfolgenden Straffestsetzungen, Be-
scheide auf Beschwerden, Beurkundungen und Erteilung von Legitimations-