s 24 Die Landesgesetzgebung. 195
Kammern ist zu jedem Gesetz erforderlich ($ 5 Abs. 1)'); es wird dadurch
nur eine Vorbedingung zum Erlass eines Gesetzes, ein sanktionsfähiger Gesetz-
entwurf hergestellt. Der Kaiser sanktioniert die Gesetze, fertigt sie aus,
indem er die Gesetzesurkunde unter Gegenzeichnung des Statthalters unter-
schreibt und ordnet ihre Verkündigung an, welche in dem, vom Ministerium
in Strassburg herausgegebenen ‚Gesetzblatt für Elsass-Lothringen‘“ erfolgt.
Die verbindliche Kraft des verkündeten Gesetzes beginnt, sofern nicht in
dem Gesetz ein anderer Anfangstermin derselben bestimmt ist, mit dem
14 Tage nach dem Ablauf desjenigen Tages, an welchem das betreffende
Stück des Gesetzblattes in Strassburg ausgegeben ist.
II. Hinsichtlich des Etatsgesetzes gelten folgende besondere
‘ Verfassungssätze:
1. Die Gesetzentwürfe über die Feststellung des jährlichen Landeshaus-
haltsetats werden zuerst der Zweiten Kammer vorgelegt; sie werden von der
ersten Kammer im ganzen angenommen oder abgelehnt. Gegenstand der
Beschlussfassung der Ersten Kammer kann der Etatsgesetzentwurf nur in
der Gestalt sein, wie er von der Zweiten Kammer beschlossen ist. Daraus
folgt aber, dass das Etatsgesetz nicht mit Bestimmungen bepackt werden
darf, welche nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Wirtschafts-
plan des Jahres stehen. Dies gilt namentlich auch von dauernden Steuer-
und anderen Finanzgesetzen.
2. Da auch der Kaiser an dem von derZweiten Kammer beschlossenen
Entwurf keine Aenderungen vornehmen kann, sondern nur ihn entweder
80, wie er lautet, durch seine Sanktion zum Gesetz machen oder durch Ver-
weigerung der Sanktion das Fehlen einer etatsmässigen Grundlage der Finanz-
wirtschaft herbeiführen kann, so ist das Recht der Zweiten Kammer, den von
der Regierung vorgelegten Etatsentwurf abzuändern, nach zwei Richtungen
beschränkt. Einerseits können Einnahmen und Ausgaben, welche durch Reichs-
oder Landesgesetze oder andere Rechtstitel begründet sind, nicht verweigert,
sondern nur, soweit die Höhe ihrer Beträge nicht fest steht, veranschlagt
werden; andererseits können Ausgaben, welche im Etatsentwurf nicht vor-
gesehen sind oder Erhöhungen von Ausgabeposten ohne Zustimmung der
Regierung in den Etat nicht eingesetzt werden (Ges. $ 5 Abs. 3).
3. Wenn beim Ablauf eines Etatsjahres das neue Etatsgesetz noch nicht
in Kraft getreten ist, so bleibt die Regierung berechtigt, die gesetzlich be-
stehenden Einrichtungen zu erhalten und fortzuführen, die rechtlich begrün-
deten Verpflichtungen der Landeskasse zu erfüllen und Bauten, die auf
Grund sines dem Landtag vorgelegten und von ihm genehmigten Bauan-
schlags ausgeführt werden, fortzusetzen. Soweit die gesetzlich bestehen-
den Steuern und Abgaben nicht ausreichen, ist die Regierung ermächtigt,
Schatzanweisungen auszugeben (Ges. $ 5 Abs. 4).
III. Der Kaiser kann Verordnungen mit Gesetzeskraft
erlassen, wenn die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit oder die
1) Die im Art. 5 der RV. hinzugefügten Worte ‚und ausreichend‘, welche so viele
Irrtümer verschuldet haben und tatsächlich unrichtig sind, sind fortgeblieben.
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