Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band I. Deutsches Reichsstaatsrecht. (1)

  
3 25 Die deutschen Schutzgebiete. 197 
  
1. Südwestafrika (Angra-Pequena) vom Kap Frio bis zum 
Oranjefluss mit Ausschluss der Walfischbai, welche unter der Staatshoheit 
Grossbritanniens steht. Das Schutzgebiet zerfällt in zwei rechtlich ver- 
schiedene Teile. Ueber das im Eigentum der „Deutschen Kolonialgesell- 
schaft für Südwestafrika“ stehend Küstengebiet hat das Reich 
durch Erklärung des Reichskanzlers vom 24. April 1884 den Schutz über- 
nommen !l. Das Hinterland steht unter Häuptlingen, welche im Jahre 
1884 und 1885 mit dem Deutschen Reich ‚„Schutz- und Freundschaftsver- 
träge‘“ geschlossen haben, auf Grund deren der Kaiser den Schutz über 
diese Gebiete übernommen hat ?). Die Grenzlinie im Norden gegen Portugal 
ist durch den Vertrag vom 30. Dezember 1886, die Südgrenze gegen 
England und die Abgrenzung der Interessensphären gegen Westen durch 
einen Vertrag mit England von 1885 und vom 1. Juli 1890 festgesetzt 
worden. 
2. Westafrika. Dieses Gebiet besteht aus zwei getrennten Ländern, 
Kamerun und Togo. Die Ansiedlungen, welche deutsche Firmen in 
diesen Gebieten hatten, wurden unter deutschen Schutz genommen, und 
zugleich wurden Verträge zwischen dem deutschen Kaiser und den Kamerun- 
häuptlingen sowie mit dem König von Togo und seinen Häuptlingen abge- 
schlossen, welche ganz ähnliche Festsetzungen enthalten wie die Verträge 
mit den südwestafrikanischen Häuptlingen. Die Abgrenzung der Schutz- 
gebiete gegen England erfolgte durch Vereinbarungen von 1885 und vom 
15. Nov. 1893, gegen Frankreich durch das Protokoll vom 24. Dez. 1885 
und den Vertrag vom 15. März 1894. Durch das mit Frankreich im Zusammen- 
hang mit dem Marokkovertrage getroffene Abkommen v. 4. Nov. 1911 
(RGBl. 1912 S. 206) wurde das Gebiet von Kamerun erweitert durch die 
Abtretung von Territorien, welche bis dahin zu Französ. Kongo gehörten; 
dagegen trat Deutschland an Frankreich ein bisher zu Kamerun gehörendes, 
im Tschadgebiete zwischen dem Schari im Osten und dem Loyone im Westen 
gelegenes Gebiet ab. 
3. Ostafrika. Die Hoheitsrechte wurden ursprünglich erworben 
durch Verträge, welche Dr. Peters im Namen der Gesellschaft für deutsche 
Kolonisation in Berlin im Jahre 1884 mit unabhängigen Herrschern im 
Innern des Zanzibar gegenüber liegenden Landes abgeschlossen hat. Die 
Gesellschaft, welche später die Firma ‚Deutsch-ostafrikanische Gesellschaft“ 
annahm, erwarb diese Länder samt allen Hoheitsrechten und 
suchte den Schutz des Reiches nach, welcher ihr durch den kaiserl. 
Schutzbrief vom 27. Februar 1885 erteilt wurde. Durch denselben 
wurde ihr die Befugnis verliehen zur Ausübung aller aus den vorgelegten 
Gerichtsverf. der D. Schutzgebiete. Leipzig 1908. Derselbe, Einführung in das 
deutsche Kolonialrecht. Leipz. 1911. Sassen, Das Gesetzgeb. und Verordnungsr. 
in den d. Schutzgebieten. Tüb. 1909. Giese, die Geltung der RV. in den Schutz- 
gebieten (in der Festgabe für Krüger S. 417ff.) 1911. Zeitschrift für Kolonial- 
politik, Kolonialrecht und Kolonialwirtschaft. Herausgeg. von der Deutschen Kolo- 
nialgesellschaft seit 1900. 
1) Deutsche Kolonialpolitik I. 77. 
2) H. Hesse, Die Schutzverträge in Südwestafrika. Berl. 1905.
	        
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