$ 25 Die deutschen Schutzgebiete. 209
einstweilig in den Ruhestand versetzt werden (Kolonialbeamtenges. $ 12a. E.).
Durch V. des Reichskanzlers v. 14. Dez. 1903 sind als Beirat des Gouverneurs
in den einzelnen Schutzgebietten Gouvernementsräte gebildet,
welche ausser dem Gouverneur aus Beamten und mindestens drei weissen
Einwohnern des Schutzgebietes bestehen !).
2. Den Gouverneuren sind unteıgeordnetdieBezirksamtmänner,
welche an der Spitze der Amtsbezirke stehen, die Beamten der Zoll-
und Steuerverwaltung, sowie die in den Schutzgebieten angestellten tech-
nischen Beamten für Forstwesen, Bergwesen, Bauwesen, Schulwesen usw.
Auch die richterlichen Beamten sind in ihrem Dienstverhältnis dem Gou-
verneur unterstellt ?).
3. Den Verwaltungsbehörden in den Schutzgebieten Afrikas und der
Südsee sind weitreichedne Zwangs- und Strafbefugnisse, insbesondere zur
Zwangsvollstreckung, zur zwangsweisen Durchführung von Anordnungen,
zur Erzwingung von Handlungen und Unterlassungen und zum Erlass von
polizeilichen Strafverfügungen und Strafbescheiden durch die kaiserl. V. v.
14. Juli 1905 (RGBl. S. 717) beigelegt worden.
4. Anfänge einer Gemeindeverfassung sind durch die kaiserl.
V.v. 3. Juli 1899 (RGBl. S. 366) geschaffen worden. Durch dieselbe ist der
Reichskanzler ermächtigt worden, Wohnplätze in den Schutzgebieten zu
kommunalen Verbänden zu vereinigen, denen die Rechtsfähigkeit juristischer
Personen zukommt. Die näheren Bestimmungen über ihre Organisation,
Erwerb und Verlust der Zugehörigkeit, Rechte und Pflichten der Mitglieder,
Vertretung und Rechnungslegung hat der Reichskanzler zu erlassen ®).
Durch die Verordn. des Reichskanzlers v. 31. März 1909 (Kolonialbl. S. 425)
sind aber die in Ostafrika gebildeten Verbände wieder aufgehoben
worden mit Ausnahme der ‚„Stadtgemeinden“ Daressalam und Tanga, für
welche am 18. Juli 1910 eine Städteordnung erlassen wurde. Für die Gemein-
deverbände in Südwestafrika hat der Reichskanzler eine Gemeinde-
ordn. v. 28. Jaunar 1909 (Kolonialbl. S. 141) erlassen.
VIII. Die Gerichtsverfassung'). Sie ist für Weisse und
Farbige verschieden.
1) Vgl. die ausführl. Darstellung von v. Hoffmann, Verwaltungs- und Ge-
richtsverf. S. 25 ff. und Kennel, Kolonialgouverneure 1008. Ueber die besonderen
Bestimmungen für Kiautschou vgl. Köbner 8.1104 u.v. Hoffmann 8. 108 ff.
2)v. Hoffmann a. a. O. S. 49 ff., wo für jedes einzelne Schutzgebiet die
Behördenorganisation dargestellt ist. Jetzt geben die Besoldungsordnungen
zum Kolonialbeamtenges. eine Uebersicht über alle zur Zeit in den Schutzgebieten
vorhandenen Amtsstellungen. Für Kiautschou besteht eine Ausnahme. Es finden
die von der Marine geltenden Vorschriften sinngemässe Anwendung; die Verwaltung
ist demgemäss in militärischer Weise organisiert. Verordn. v. 27. April 1898 (Marine-
Verordnungsbl. S. 151 ff.) und vom 5. Juli 1898 (daselbst S. 214).
3) Durch die V. des Reichsk. v. 17. Sept. 1906 (Kolonialbl. S. 669) über die finan-
ziellen Obliegenheiten der Kommunalverbände in Ostafrika ist zugleich die Zustän-
digkeit derselben bestimmt.
4) Vgl. Köbner, Die Organisation der kolonialen Rechtspflege. Berlin 1903.
Derselbe in der Enzyklopädie S. 111llfg. Seelbach, Die Grundzüge der Rechts-
pflege in den deutschen Kolonien. Bonn 1904. Bauer, Die Strafrechtspflege über dic
Eingeborenen der deutschen Schutzgebiete (Arch. f. öffentl. R. Bd. 19 S. 32 ft.
433 ff... v. Hoffmann a. a. O.
Laband, Reichsstaatsiecht. 6. Aufl. 14