Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band I. Deutsches Reichsstaatsrecht. (1)

wir 
g 2: Die deutschen Schutzgebiete. 215 
  
sie nach den Regeln des Preuss. Allgem. Landrechts zu organisieren !). Da 
dies aber aus mehr als einem Grunde bedenklich und eigentlich nur eine offi- 
ziell gestattete Umgehung des Aktiengesetzes war, so hat das Reichsges. 
vom 19. März 1888 $ 8 fg. die erwähnten Gesellschaften von den Vorschriften 
des Aktiengesetzes befreit und die Erlangung der privatrechtlichen Per- 
sönlichkeit (Rechtsfähigkeit) erleichtert. Die Bestimmungen dieses Gesetzes 
sind mit einigen Aenderungen in das Schutzgebietsges. von 1900 88 11—13 
aufgenommen. Den Gesellschaften kann vom Bundesrat die Persönlichkeit 
erteilt werden, wenn sie ausschliesslich zu den erwähnten Zwecken gebildet 
werden, wenn sie ihren Sitz entweder im Reichsgebiet oder in den deutschen 
Schutzgebieten oder in einem Konsulargerichtsbezirk haben, wenn sie ein 
dem Gesetz entsprechendes Statut haben und dieses vom Reichskanzler 
genehmigt ist. Ein Grundkapital gehört nicht zu den Erfordernissen solcher 
Gesellschaften. Wenn ihnen vom Bundesrat die Rechtsfähigkeit verliehen 
worden ist, unterstehen sie der Aufsicht des Reichskanzlers, dessen einzelne 
Befugnisse in das Statut aufzunehmen sind ?). 
XII. Hinsichtlich der kirchlichen Verhältnisse bestimmt 
das Schutzgebietsgesetz $ 14, dass den Angehörigen der im Dautschen Reich 
anerkannten Religionsgemeinschaften in den Schutzgebieten ‚Gewissens- 
freiheit und religiöse Duldung‘‘ gewährleistet werden und ‚dass die freie 
und öffentliche Ausübung dieser Kulte, das Recht der Erbauung gottes- 
dienstlicher Gebäude und der Einrichtung von Missionen der bezeichneten 
Religionsgemeinschaften keinerlei gesetzlicher Beschränkung noch Hin- 
derung unterliegen“. Eine staatliche Organisation des Kirchenwesens ist 
bisher nicht erfolgt. 
1) Vgl. Meyer 8. 129fg. V. Ring, Deutsche Kolonialgesellschaften. Berlin 
1888. Veit Simon in der Zeitschrift f. das ges. Handelsrecht Bd. 34 S. 85 £f. 
2) Siehe Karl Lehmann, Die Statuten der deutschen Kolonialgesellschaften 
in der Zeitschr. f. d. ges. Handelsrecht Bd. 53 S. 1ff. Decharme, Compagnies et 
Societes coloniales allemandes. Paris 1903. Besondere Bestimmungen werden den 
Eisenbahngesellschaften bei Erteilung der Konzession vorgeschrieben. Vgl. z. B. für 
die ostafrikan. Eisenbahngesellsch. das Statut im RGBi. 1904 S. 339 ff. Der Gesell- 
schaft ‚Deutsch-Ostafrikanischen Bank“ in Berlin, mit der Hauptniederlassung in Dares- 
salam, ist das Recht zur Ausgabe von Banknoten verliehen worden. Konzession 
des Reichskanzlers v. 15. Januar 1905 (Kolonialbl. S. 132). Vgl. das RG. v. 23. Dez. 
1911 (RGBl. S. 1135) über die Zulassung von kleinen Aktien (nicht weniger als 200 Mk.) 
in den Konsulargerichtsbezirken in China, das auch in Kiautschou zur Anwendung 
kommt. '
	        
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