Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band I. Deutsches Reichsstaatsrecht. (1)

& 26 Die auswärtigen Angelegenheiten. II. Konsulate. 225 
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erteilen !), Auch kann der Reichskanzler Reichskonsuln die Ermächtigung 
zur Abhörung von Zeugen und zur Abnahme von Eiden erteilen ?2). Endlich 
können Konsuln ermächtigt werden, über die Anschuldigungen wegen Ver- 
letzungen des Verbotes des afrikanischen Sklavenhandels anstelle der be- 
treffenden Gerichtshöfe Recht zu sprechen. 
g) Führung der Matrikel. Jeder Reichskonsul hat ein Verzeichnis 
der in seinem Amtsbezirke wohnenden und zur Eintragung bei ihm 
angemeldeten Reichsangehörigen zu führen ?). Eine Verpflichtung zur Mel- 
dung besteht nicht, die erfolgte Eintragung hat aber die Wirkung, dass 
einem Reichsangehörigen sein heimatliches Staatsbürgerrecht erhalten bleibt ?). 
Das Attest über die erfolgte Eintragung wird der Regel nach nur für die Dauer 
des laufenden Kalenderjahres ausgestellt, ist also nach Ablauf desselben 
zu erneuern. 
Für die Konsularbehörden in der Türkei nebst Aegypten, Rumänien und Serbien, 
sowiein China und Japanist durcheinelnstruktion desReichskanzlers 
v.1. Mai 1872 die Eintragung sämtlicher, in dem Konsularbezirk dauernd anwe- 
sender Schutzgenossen angeordnet worden. Zu den Schutzgenossen gehören 
1. Reichsangehörige; dieselben sind verpflichtet, in den ersten 3 Monaten ihres Auf- 
enthalts im Amtsbezirke des Konsuls sich bei ihm zu melden. 2. Angehörige solcher 
Staaten, welchen durch Staatsverträge der Schutz der deutschen Konsularbehörden 
für ihre Nationalen zugesagt worden ist. Solche Verträge sind mit Oesterreich, Luxem- 
burg und der Schweiz geschlossen. 3. Die sogen. de facto-Untertanen d. h. Personen 
deutscher Nationalität, welche die Reichsangehörigkeit nicht haben, oder Deutsche, 
welche den Schutz nicht auf Grund von Staatsverträgen in Anspruch nehmen können; 
ferner das Dienstpersonal der Gesandtschaften und Konsulate. Die Aufnahnıe er- 
folgt durch Konsens des Schutzgenossen und des Reichsgesandten. Vgl. das 
Nähere im Reichsstaatsr. III S.30 ff., ferner König SS. 56ff. Zorn S. 439. 
Die Ausübung des Schutzrechts in Marokko ist durch eine besondere Konvention 
v. 3. Juli 1880 (RGBl. 1881 S. 103) geregelt. 
Tatsächlich umfangreicher und praktisch wichtiger sind die Amts- 
geschäfte der Konsuln ohne obrigkeitlichen Cha- 
rakter. Sie können den Konsuln teils durch den Befehl der vorgesetzten 
Behörde, sei es für den einzelnen Fall durch spezielle Anweisung, sei es im 
allgemeinen durch Dienst-Instruktion auferlegt werden, teils auch durch 
gesetzliche Anordnung. Die staatsrechtliche Bedeutung dieser Dienstleistung 
beschränkt sich darauf, dass dieselbe einen Bestandteil der amtlichen Pflichten 
des Konsuls bildet, deren Verletzung ein disziplinarisches Einschreiten be- 
gründen kann. Diese Amtsgeschäfte lassen sich auf folgende Kategorien 
zurückführen: 
a) Die Konsuln haben den Angehörigen des Reiches und den Schutz- 
genossen desselben in ihren Privatangelegenheiten Rat und Beistand 
  
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1) Auch kann ihnen die Führung der Schiffregister für Binnenschiffe 
übertragen werden, wenn die Voraussetzungen des $ 26 Abs. 2 des Gesetzes vom 12. 
Juni 1899 vorliegen. V. v. 1. März 1900 (RGBil. S. 41) und Bekanntm. v. 11. April 
1900 (Zentralbl. S. 270). Diese Funktion ist den Konsularämtern in Galatz, Canton, 
Schanghai, Hankau und Tientsin übertragen worden. 
2) Konsulatsges. $ 20. Die Ermächtigung wird den Konsuln persönlich 
erteilt. Vgl. auch über die Verpflichtung der Konsulate zu Beweiserhebungen behufs 
Feststellung des Tatbestandes bei Seeunfällen das Reichsges. v. 27. Juli 1877 $15 (RGBl. 
8. 552) und bei Betriebsunfällen, bei welchen der Unfallversicherung unterliegende 
Personen getötet oder erheblich verletzt werden, das Seeunfallversicherungsgesetz 
69; 73. 
s 3) Konsulatges. $ 12. Abs. 1. König 8. 185 ff. 
4) Konsulatges. $ 12 Abs. 2. Reichsges. v. 1. Juli 13870 $ 21. 
Laband, Reichsstaatsrecht. 6. Aufl. 15
	        
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