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$ 27 Die öffentlichen Verkehrsanstalten. A. Post- u. Telegraphenwesen.
Ziff. I ist das Postmonopol ausgedehnt worden auf verschlossene und sol-
chen gleichzuachtende Briefe, die innerhalb der Gemeindegrenzen ihres
Ursprungsortes verbleiben, falls derselbe mit einer Postanstalt versehen ist.
Freigegeben vom Postzwang ist die Beförderung der politischen Zeitungen
innerhalb des zweimeiligen Umkreises des Ortes, an welchem sie heraus-
gegeben werden, sowie die gewerbsmässige oder nicht gewerbsmässige Beför-
derung von unverschlossenen politischen Zeitungen innerhalb der Gemeinde-
grenzen eines Ortes, wenn die Zeitungen durch die Post oder durch Express-
boten dorthin befördert wurden. (Art. 3 Abs. 3 des zit. Gesetzes.) Verboten
ist nur die Beförderung der Briefe und Zeitungen gegen Bezahlung, wobei
es keinen Unterschied macht, ob die Bezahlung in barem Geld oder in an-
deren Wertgegenständen geleistet wird !). Der Postzwang erstreckt sich
auch auf diejenigen verschlossenen Briefe und politischen Zeitungen, welche
vom Ausland eingehen und nach einem inländischen Ort mit Postanstalt
bestimmt sind oder durch das Gebiet des Deutschen Reichs transitieren
sollen. Dieselben müssen bei der nächsten inländischen Postanstalt zur Weiter-
beförderung eingeliefert werden 2. Unverschlossene Briefe und
Pakete unterliegen dem Postzwange nicht, es sei denn, dass Briefe in ver-
siegelten, zugenähten oder sonst verschlossenen Paketen befördert werden.
Die Verletzung des Postmonopols wird mit dem vierfachen Betrage des de-
fraudierten Portos, jedoch mindestens mit einer Geldstrafe von 3 Mark be-
straft 3).
Das Telegraphenregal hat erst durch das Reichsgesetz über
das Telegraphenwesen vom 6. April 1892 eine sichere Rechtsgrundlage er-
halten ?); es besteht inderausschliesslichen Befugnis, Telegraphen-
anlagen für die Vermittlung von Nachrichten zu errichten und zu betreiben °).
1) Postges. $ 1. Eine Ausnahme hiervon ist jedoch für den Fall gemacht, dass
Briefe und politische Zeitungen gegen Bezahlung durch ex presse Boten oder Fuhren
befördert werden, wofern ein solcher Expresser nur von Einem Absender abgeschickt
wird und dem Postzwange unterliegende Gegenstände weder von anderen mitnimmit
noch für andere zurückbringt. Postges. $2. Ges. v. 20. Dez. 1899 Art. 2 Ziff. II.
2) Postges. $ 1 Abs. 2.
3) Postges. $ 27 Ziff. 1.
4) Tatsächlich befanden sich die öffentl. Telegraphen schon vor dem Er-
lass dieses Gesetzes im. ausschliesslichen Besitze und Betriebe des Reiches, beziehentl.
Bayerns und Württembergs. Eine gesetzliche Anerkennung aber hatte das staat-
liche Telegraphenmonopol nur in Sachsen (Ges. v. 21. September 1855) und in Elsass-
Lothringen (Dekret v. 27. Dezemb. 1851). Man hat zwar versucht, das Monopol des
Reichs auf Art. 48 Abs. 1 der RV, zu stützen: dieser Artikel sagt aber nur, dass das
Postwesen und das Telegraphenwesen für das gesamte Gebiet des Deutschen Reichs
als einheitliche Staatsverkehrsanstalten eingerichtet und verwaltet werden. So wenig
Art. 48 ein Postmonopol begründet hat, so wenig hat er dem Reich einausschliess-
liches Recht auf Errichtung und Betrieb von Telegraphen gegeben. Dieser Artikel
betrifft überhaupt nur das Verhältnis zwischen dem Reich und den Einzelstaaten,
nicht die Rechtssphäre der Individuen. Das Gesetz v. 6. April 1892 hat nun diese Streit-
frage erledigt.
5) Der juristische Inhalt des Rechts besteht nicht darin, dass das Reich (Bayern,
Württemb.) solche Anlagen errichten und betreiben dürfen; denn dieses Recht haben
sie innerhalb der allgemeinen gesetzlichen Schranken auch ohne besondere gesetzliche
Anerkennung; sondern in der Ausschliesslichkeit dieses Rechts, d. h. in dem, durch
scharfe Strafdrohungen gesicherten Verbot, dass niemand ohne Erlaubnis des Reichs
eine solche Anlage errichte oder betreibe. Daher enthält ‚das Recht zur Errichtung
von Telegraphenanlagen‘‘ keinerlei Beschränkungen der Grundeigentümer und über-